Überflüssige Fragen I: Beaujolais nouveau oder steirischer Junker? AUSNAHMSWEISE MITTWOCH, 19. November von 17 bis 21 Uhr

Mittwoch

Der Donnerstag ist ein beliebter Wochentag. Das könnte mit dem Wochenende zu tun haben. In den Wochen vor Weihnachten scheint der Donnerstag noch eine Spur beliebter zu sein. Da finden dann ganz besonders viele erfreuliche und weniger erfreuliche Veranstaltungen an Donnerstagen statt. Darum sieht sich der Rudl gezwungen, in der kommenden Woche und in der Woche vor dem Tag des Heiligen Niglo nicht am Donnerstag, sondern am Mittwoch aufzusperren. Das sind Mittwoch, der 19. November und Mittwoch, der 3. Dezember. In den übrigen Wochen bis Weihnachten ist die Weinhandlung Rudolf Polifka et fils heuer wie üblich donnerstags von 17 bis 21 Uhr geöffnet.

Brisantes Duell

Es ist zugegebenermaßen keine große Kunst und in halbwegs weinaffinen Kreisen so wenig kontroversiell wie originell, sich über den Jungweinkult zu mokieren. Der Rudl macht es trotzdem, gleich zweimal. Dabei hat er den Startschuss zur Ausschank des steirischen Junkers zum Anlass genommen, gereifte Weine von Schmecke das Leben zu kredenzen. Der Junker scheint ja ein ungeduldiger Patron zu sein. Er wird heute deutlich früher angeboten als vor fünfundzwanzig Jahren. Er ist also ein beweglicher Jungwein, der immer jünger wird. Beaujolais nouveau ist auch jung, aber stabiler. Das Harren auf ihn endet beinahe seit Erfindung der Vitis vinifera um null Uhr nach dem dritten Mittwoch im November. Und obwohl der steirische Junker geographisch näher liegt, erscheint dem Rudl Beaujolais bedeutender. Das hat vor allem mit der Rebsorte Gamay zu tun. Sie ist quasi rebsortentechnisch der Ausgangspunkt der Naturwein- und wohl auch der Bioweinbewegung. Wie biologischer Wein heute ohne die Arbeiten von Jules Chauvet aus den fünfziger Jahren schmecken würde, möchte sich der Rudl lieber nur vorstellen, aber nicht trinken müssen. 

Gamay

… gilt ein bissl als Synonym für Beaujolais, wo er mehr oder weniger neunzig Percent der Rebfläche repräsentiert. Aber abgesehen davon, dass man dem Beaujolais unrecht tut, wenn man es mit Jungwein gleichsetzt, tut man dem Gamay unrecht, wenn man ihn als Synonym für Beaujolais missversteht. Am allerunzutreffendsten wäre eine Kombination aus beidem. Dass es sich bei Gamay nicht um eine rote Entsprechung etwa zu Bouvier handelt, beweisen dreißig Jahre alte Morgons, Fleuries oder Moulin-à-Vents. Bei kargem Boden, vielleicht sogar aus Granit und lockerbeerigen Klonen kann diese Rebsorte veritable Mirakel an Vielschichtigkeit, Eleganz und Harmonie hervorbringen. In Anbetracht der Verwandtschaft des Gamays mag das freilich auch nicht verwunden, handelt es sich bei ihm doch um ein Wunschkind des Pinot noir.

Geographisch ist festzuhalten, dass es Gamay beispielsweise auch in anderen Teilen Burgunds, in Savoyen und vor allem in der Auvergne gibt. In den vulkanischen Terroirs rund um den Puy de Dôme ist man auf eine eigene Spielart der Rebsorte, den Gamay d’Auvergne, stolz. In der Schweiz und im Aostatal wächst Gamay, in Österreich, soviel der Rudl bisher in Erfahrung bringen konnte, nicht. Heunisch und Pinot noir sind die freiwilligen Eltern von Gamay, den man zumindest von Frankreich aus als eine Liaison von Heimat und Fremde betrachten darf, stammt doch Pinot noir aus Burgund, während es sich beim Heunisch um ein Mitbringsel der Römer gehandelt hat.

Darüber hinaus ist dem Rudl aufgefallen, dass er seit dem letzten Gamay-Forschungsabend sechs Weine, in denen Gamay zumindest eine Rolle spielt, neu in sein Sortiment aufgenommen hat. Und die drängen förmlich ins Glas.

Beaujolais nouveau

Vielleicht gibt es davon auch gute. Einfach vorzustellen ist das für den Rudl nicht. Auf alle Fälle kredenzt Caviste Rudolf Polifka am Abend vor dem Startschuss für den Beaujolais nouveau 2025 Gamays unterschiedlicher Provenienz und Machart glasweise. Und wenn Sie dann noch drei Stunden warten, können Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, sofern Sie das wünschen, vielleicht noch ein Glasl vom Neuen trinken, nicht beim Rudl, jedoch irgendwo im ersten Wiener Gemeindebezirk. Aber der ist – kulinarisch betrachtet – eine andere Geschichte, eine ganz andere.

  • 2021/2022 Brisûre, Domaine les Cortis, Andert-et-Condon, Bugey, Vin de France (5/8)

fünfzig Percent direkt gepresster Gamay teinturier, fünfzig Percent Altesse, Jahrgangsassemblage von 2021 und 2022, zwölf, beziehungsweise vierundzwanzig Monate im 600-Literfass

  • 2024 Giac’ Potes, Domaine Giachino, Chapareillan, AOC Vin de Savoie (4,50/7)

Gamay und Mondeuse vom Fuß des Chartreuse-Gebirges

  • 2024 Mémoire de Madone, Vieilles Vignes, Les Vins de la Madone, Champdieu, AOC Côtes du Forez (6,50/10)

Vulkanboden, Gamay d’Auvergne, geringer Ertrag (dreißig Hektoliter am Hektar). Handlese, fünfzehn Tage auf der Maische, Sandsteinamphore. Fast alles andere ist dann auch geklärt. Ein Nachsatz: Wenn Sie zu einem aromatisch intensiveren Käse oder Fleisch einen steinigen Kontrast suchen, ist dieser Wein eine Möglichkeit.

  • 2018 Gamay, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOC Vin de Savoie (3/5)
  • 2018 Argile Rouge, Domaine des Ardoisières, Saint Pierre de Soucy, IGP Vin des Allobroges (6/9)

65 % Gamay, 25 % Mondeuse, 10% Persan

  • 2021 Campagnès, Maxime Magnon, Durban-les-Corbières, Languedoc, AOC Corbières

Campagnès besteht nicht aus Gamay. Vielmehr wächst er auf ganz alten Carignan-Rebstöcken. Und Carignan ist vom Rebsortencharakter ungefähr das Gegenteil von Gamay. Darum wird er auch eher selten sortenrein vinifiziert. Aber Maxime Magnon hat bei Marcel Lapierre in Morgon im Beaujolais gelernt. Marcel Lapierre wiederum war ein Schüler von Jules Chauvet, dem großen Weingelehrten aus La Chapelle de Guinchay. Der Rudl hat momentan keinen Beaujolais im Sortiment. Privat hat er genau 4. Die wollen reifen. Darum vertritt Campagnès von Maxime Magnon das Beaujolais. Das Wissen und die Handwerkskunst des Winzers sind aus dem Beaujolais. Und das ist gar nicht wenig.

  • 1979 Bouvier, Trockenbeerenauslese, Weingut Gangl, Illmitz, Neusiedlersee (10/-)

Noch weniger als Beaujolais besitzt der Rudl Bouviers.

MITTWOCH, 19. November von 17 bis 21 Uhr

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils

Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist der Rudl der Meinung, dass der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz, zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden muss.

Gereift grüßt Rudolf Polifka!

Schicken Sie ein entsprechendes E-Mail, wenn Sie keine Nachrichten der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils bekommen möchten.

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien