Wein von einem ehemaligen Radlrennfahrer und andere Jacquères, DONNERSTAG, 29. August, 18 bis 22 Uhr

Jacquère als Rebsorte. Eine Stundenwiederholung

Wenn es in einer zweitausend Hektar kleinen Weinbauregion Massenwein geben kann, dann wird man in Savoyen Jacquère als dessen Rebsorte betrachten müssen. Mehr als tausend Hektar sind dort mit der autochthonen Jacquère bestockt. Ganz präzise hat sie ihren Ursprung, soweit man das rekonstruieren kann, in Abymes de Myans. Das liegt am nordöstlichen Rand des Chartreusegebirges, ungefähr dort, wo Jean-Claude Masson und die Giachino Brüder wohnen, was auch nicht der pure Zufall sein wird.

Die dicken Beerenschalen erlauben eine späte Reife. Am kalkreichen, steinigen Fuß der französischen Alpen ist das nicht ganz unwesentlich. Und sie schützen die engbeerigen Trauben vor Oïdium und Meltau. Die leicht ovalen Beeren sind durchschnittlich groß. Sind sie sehr reif, werden sie rötlich. Eine „schmeckate Rebsorte“ ist etwas anderes. Ihren bisweilen nicht ganz so guten Ruf verdankt Jacquère der Fruchtbarkeit. Ohne Ertragskontrolle hängen an so einem Stock, sofern er unter hundert Jahre jung ist, gleich einmal ein paar Kilo Trauben. Das konveniert, wenn man möglichst große Mengen für Glühwein oder als Fondueassistenz benötigt. Hat ein Weinbauer höhere Ambitionen, dann kommt er um Ertragsbegrenzung nicht herum, am besten beim Rebschnitt.

Ähnlich dem Grünen Veltliner scheint die relativ weite Verbreitung der Jacquère in Savoyen auf den möglichen hohen Hektarertrag zurückzuführen sein. Ähnlich dem Grünen Veltliner scheint bei der Jacquère nur im Fall restriktiver Ertragsbegrenzung etwas Gscheites herauszukommen. Anders als der Grüne Veltliner dürfte die spät reifende Jacquère aber bei Hitze nicht so schnell ihre Säure verlieren. Jacquère reift nach fast allen anderen Rebsorten. Trockenstress ist mit entsprechend tiefen Wurzeln und in entsprechend vorgerücktem Rebstockalter auch nicht angebracht. Im Fall von klimawandelbedingten Wetterextremen ist allerdings auch die gute Jacquère mit ihrem Latein irgendwann einmal am Ende, weniger bei Spätfrost, denn da befindet sie sich in der Regel noch im Winterschlaf, aber in den letzten Jahren leider umso stärker bei Hagel. So hat es etwa den Giachinos 2023 Ende Juli in wenigen Minuten die Jacquère-Trauben beim Lac de Saint André weggehagelt.

 

Jacquère als Wein. Noch eine Stundenwiederholung

Als Wein ist Jacquère eher blass bis weißgold. Dem Rudl seinem Geschmack nach stehen Alpenkräuter, Grapefruit, Bergamotte, Weißdorn, in äußerst gelungenen Fällen aneinander geriebener Feuerstein im Vordergrund. Manchmal kommen Mandeln, Haselnüsse und Lindenblüten dazu, wenngleich nie so intensiv wie bei Altesse.

Das dezente Prickeln, der niedrige Alkohol, das kongeniale Zusammenspiel von Frische, Leichtigkeit und appetitanregendem Temperament der Jacquère erinnern den Rudl an einen Gebirgsbach während der Schneeschmelze.

Quidquid id est, Frische, Lebendigkeit und Bekömmlichkeit der Jacquère schreiben förmlich nach einer Essensbegleitung. Darum nützt der Rudl wieder einmal die Gelegenheit, Sie daran zu erinnern, dass es ausdrücklich erwünscht ist, wenn Sie sich selber etwas zum Essen in die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils mitbringen, ob das jetzt eine Bachforelle, eine Stelze oder etwas ganz anderes ist.

  • 2021 Jacquère „Jonona“, Côteaux des Girondales, Villaz, Haute Savoie, Vin de France (4,50/7)

Wenn Sie, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, eine Liaison von einem kühlen Jahrgang mit einem noch kühleren Terroir schmecken wollen, dann drängt sich dieser Wein förmlich auf. Dazu eine Rebsorte, die sowieso nicht das Einlagern von Zucker in ihre Beeren als Kernkompetenz in ihren Curriculum Vitae geschrieben hat. Recht viel weniger Alkohol geht bei einem trockenen Wein kaum, neun Percent.

  • 2020 Genesis, Domaine de l‘Aitonnement, Aiton, IGP Vin des Allobroges (6,50/10)
  • 2022 Jacquère „Eterlou“, Axel Domont, Savoie, Vin de France (8/12)
  • 2013 Coeur d’Apremont, Jean-Claude Masson, Apremont, AOC Vin de Savoie (6,50/10)

Meistens wird Jacquère sehr jung getrunken. Das ist in vielen Fällen vielleicht das geringere Übel. Aber diese Rebsorte kann ganz gewaltig gut reifen.

  • Schiste 2019, Domaine des Ardoisières, Cevins, IGP Vin des Allobroges (8/12)

Jacquère nicht reinsortig, sondern in Kooperation mit Grauburgunder, Roussanne und Mondeuse blanche

  • 2020 Marius & Simone, Domaine Giachino, Chapareillan, Vin de France (5/8)

maischevergorene Jacquère von den biodynamischen Präzisionsbrüdern Giachino

 

DONNERSTAG, 29. August von 18 bis 22 Uhr

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils

Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist der Rudl der Meinung, dass der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz, zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden muss.

 

Herr Rudolf grüßt herzlich!

 

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien