Weinsommerschulmeister Rudolf Polifka sperrt kommende Woche am Dienstag, den 21. Juli und am Donnerstag, den 23. Juli auf. Thema der Sommerschule: steir-er-isches Irouléguy – Der Rudl bittet und empfiehlt zu reservieren.
Vergleichen und Hinken
Schulmeister Rudolf hat sich die erste Wiener Ferienwochen in der Süd- und Südoststeiermark herumgeschlagen und dabei in fünf Tagen wahrscheinlich alle Buschenschankbesuche, deren er während des zweimonatigen Lockdowns entraten müssen hat, nachgeholt.
Als steirische Toskana wird die Südsteiermark gerne bezeichnet und noch lieber vermarktet. Das ist natürlich ein Unfug, weiß Oberlehrer Rudolf. Viel treffender ist für ihn der Vergleich der Weinbauregion Steirerland mit der südwestlichsten französischen Appellation Irouléguy. Gut, vom Werbewert können Sie so einen Vergleich wahrscheinlich vergessen. Hinsichtlich des Terroirs liegen die Parallelen zwischen dem „geologischen Mosaik“, wie Yves Hérody die südwestlichste Appellation Irouléguy bezeichnet, und der südöstlichsten Weinbauregion Österreichs aber auf der Hand. Kalk, Sandstein, Eisen, Vulkanlava, Schiefer und noch ein paar andere Gesteine prägen die Weingärten Irouléguys. In der Steiermark findet man diese Böden mehr oder weniger auch. Nur dass die Steiermark diese Diversität an Steinderln auf knapp fünftausend Hektar verstreut hat, wohingegen Irouléguy mit zweihundert Hektar auskommt.
I am from Austria
Etwas vom Unangenehmsten während der zweimonatigen Sperrstunde war für den Rudl, dass justament dieser Schlager die abgesehen davon erfreuliche tägliche Dankbarkeitsbekundung untermalt hat. Ganz unabhängig davon, wie der Verfasser dieser Verse seinerzeit gemeint gehabt hat, klingen sie in den Ohren vom Rudl wie ein riesiges nationales Missverständnis. Viel treffsicherer bringen Werke des Trainers wie „Kumm ham„ oder natürlich „I brauch kan Dokta„ die Lage auf den Punkt. Aber bitte.
Wenig später ist dann angeordnet worden, heuer in Österreich Urlaub zu machen, am besten auch ganz viele Deutsche. Und der Rudl macht in Österreich Urlaub. Aber nicht weil es angeordnet worden ist. Der Rudl hat auch früher schon gerne in Österreich Urlaub gemacht. Und der Rudl fährt seit 1984 auch extraordinairement gerne nach Frankreich. Aber er hält es aus, das einen Sommer lang nicht zu können. Und er muss auch nicht immer alles bis ans Limit ausreizen. Wenn es jetzt auch nur vielleicht problematisch sein könnte, dort- oder dahin zu fahren, dann geht für den Rudl die Welt nicht unter. Dabei ist der Rudl keiner, der irgendwohin fährt, um dort vielleicht noch mit Animation möglichst alle Annehmlichkeiten, die die Simmeringer Systemgastronomie bietet, in Anspruch zu nehmen. Trotzdem hält er es problemlos einen Sommer im, wie gesagt wird, „eigenen„ Land aus.
Steirerland
Mit irgendeiner Novellierung des Weingesetzes, vielleicht war es die von 2009, ist der österreichischen Weinadministration der Neologismus „Steirerland„ eingefallen, vielleicht um die Analogie zu den anderen zwei Weinbauregionen Bergland und dem noch absurderen Weinland zu verdeutlichen. Ungefähr zeitgleich haben die ersten Weinbaugebiete mit der noch irreführenderen DACerei begonnen und jenen Weinbauern, die wirklich gebietstypische Weine machen, alles Mögliche verboten. Jetzt dürfen die „Wein aus Österreich“ drauf schreiben und sich als „Abfüller“ am Etikett verewigen. Auch das völlig irreführend. Abgefüllt wird mit anderen Weinen. Fragen Sie die Wirte in den Turbo-Bars der Wintersportindustrie.
Da Dummheit und Boshaftigkeit oft keine Grenzen kennen, befürchtet der Rudl, dass man den guten Weinbauern irgendwann auch noch die Verwendung von Wörtern wie „Reben„, „Fass„ oder „Wein„ untersagt. Für diesen Fall erlaubt sich der Rudl, etwas weiter unten gleich präventiv einen Vorschlag zu unterbreiten.
Sommerschule
Der Rudl macht sich keine Sorgen, dass Sie, geneigte Oeonologin, gewogener Oenologe, im März und im April abgehängt worden sind. Er öffnet kommende Woche seine Pforten weniger aus hehren pädagogischen denn aus betriebswirtschaftlichen Gründen, aber er öffnet sie.
Die Bildungsexpertinnen und Bildungsexperten, vor allem die neoliberalistischen, schreien sich die Kehlen heiser, dass „abgehängt“ würde, nicht beim Schifahren und nicht die Wäsche, sondern während der Schul- und Geschäftsschließungen. Und sie haben recht. Was sie nicht dazu sagen, die neoliberalistischen Bildungsexpertinnen und Bildungsexperten, ist dass die Abhängerei quasi die USP ihres neoliberalistischen Bildungssystems und Weltbildes ist. Der quasireligiöse Finanzzauber lebt davon, dass es genug Abgehängte gibt, die an den übersinnlichen Hokuspokus der Finanzmärkte glauben. Die Abgehängten müssen daran glauben, dass diese Form der Ökonomie nur für eine eingeweihte Elite von angeblich hochintelligenten Rechenwunderwuzzis zu durchschauen ist. So etwas nennt man „klerikal„. Und dass auf so primitive Weise jetzt wieder einmal deutlich wird, dass irgendjemand „brennen muss„, wenn Fleisch, Fetzten, Rohöl, aber auch Wein für quasi nichts verklopft werden, Handelsspannen, Dividenden und Erlöse (Kann ein Begriff verräterischer sein?) aus Finanzprodukten aber trotzdem lukrativ sein müssen, das geht den Neoliberalistinnen und Neoliberalisten halt stark gegen den Strich.
Schilcher „Lys-rød“ N°29 2018, Franz Strohmeier, Lestein, Aus Garten und Keller (4/6)
Schilcher „Kamin„, geborener „Lestoa„, Franz Strohmeier, Lestein, Aus Garten und Keller (6/9)
Die Weststeiermark ist mit ihren fünfhundert Hektar Weingärten vermutlich zu klein, um so etwas wie einen „common sense„ in Sachen Weinstil aufweisen zu können. Freilich gibt es die sehr nach roten Ribiseln schmeckenden Schilcher, Schilcherfrizzantes und vor allem Schilcherstürme. Aber Caviste Rudolf hat von Wein geschrieben. Auf den Weinen von Franz Strohmeier werden Sie die Buchstabenfolge DAC nicht finden.
Sauvignon Blanc 2014, Weingut Kåarriegel, geborenes Weingut Franz Hirschmugl (nicht zu verwechseln mit einem anderen Weingut Hirschmugl), Sankt Andrä – Höch, Sausal, Aus Garten und Keller (4/6)
In vielen alten Weinbüchern können Sie über ein paar wirklich wichtige Qualitätspioniere des steirischen Weinbaus lesen: Simmerl und Stürkh in Klöch, Prünte am Grassnitzberg und Franz Hirschmugl im Sausal. Abgesehen vom Graflich Stürkh‘schen Weingut in Klöch hat der Rudl bei allen davon noch selber Wein gekauft. Heute finden Sie diese Namen aus unterschiedlichen Gründen in keinem Weinführer mehr. Caviste Rudolf Polifka interessiert sich umso mehr dafür, was aus diesen Weingütern und vor allem ihren Weingärten geworden ist. In einigen Fällen kommt dem Rudl dabei ein Titel des Trainers in den Sinn: „Rotz und Wasser„. Das für den Rudl auch vor zwanzig Jahren schon etwas geheimnisvolle Weingut Franz Hirschmugl mit seinen sehr spezifischen Etiketten gibt es so nicht mehr und Herr Hirschmugl wird nicht, wie einmal angekündigt, nach Sichtung seiner Bestände dem Rudl ein paar Flaschen aus den Siebziger und Achtziger Jahren verkaufen. Aber das Weingut ist ganz offensichtlich in die richtigen Hände, vor allem in solche, die sich seiner Geschichte bewusst sind, geraten. Selbstverständlich ist das nicht.
Sauvignon Blanc Alte Reben 2015, Weingut Kåarriegel, geborenes Weingut Franz Hirschmugl (nicht zu verwechseln mit einem anderen Weingut Hirschmugl), Sankt Andrä – Höch, Sausal, Aus Garten und Keller (6/9)
Urgestein 2018, Eva und Karl Schnabel, Kreuz-, Kor- und Hoch-∟, Aus Garten und Keller (4,50/7)
Grundsätzlich ist Herr Rudolf kein Freund von langen Aufenthalten bei Weinbauern. Erstens weil der Fils kein solcher ist und zweitens weil der Rudl ein schlechtes Gewissen hat, wenn er einem Weinbauern die Zeit fladert. So wie Herr Rudolf den Beruf des Weinbauern im klassischen Sinn versteht, findet der im Weingarten und im Keller statt, und nicht als Animateur von Weinhändlern im Verkostungsraum. Aber vor ein paar Tagen hat es sich ergeben, dass der Rudl bei Karl Schnabel im Sausal Wein gekauft hat. Und da der Winzer gerade im Weingarten zu tun gehabt hat, hat er dem Rudl seine Weingärten gezeigt. Es ist ja nicht so, dass der Rudl noch nie einen Weingarten gesehen hat. Es ist auch nicht so, dass der Rudl noch nie einen biodynamisch bewirtschafteten Weingarten gesehen hat. Das eine oder andere hat der Rudl schon über den Zugang von Karl Schnabel gewusst. Aber die paar Schritte durch dessen Weingarten haben ihn ähnlich beeindruckt wie der letzte Besuch bei den Mondeuse-Rebstöcken von Jacques Maillet. Wenn nicht mannshohe, so doch filshohe Vegetation zwischen den Reihen, kein Traktor und nicht die kleinste Spur von einer Pilzkrankheit auf den Rebstöcken. Man sollte alle Weinbauvereine des Landes zu einem Pflichtbetriebsausflug in die Weingärten von Karl Schnabel verdonnern.
Rotwein 2015, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Aus Garten und Keller (4,50/7)
Es ist ja nicht bei jedem Weingut klar, was die letzten drei Buchstaben in seiner Betriebsbezeichnung zu suchen haben. Bei diesem könnte man treffender sogar von einem Weinimmerbesser schreiben. Ein anderes Mal wieder mehr darüber.
Sauvignon Blanc „Grüne Libelle“ 2018, Andreas Tscheppe, Glanz, Aus Garten und Keller (6/9)
Gelber Muskateller „Segelfalter„ 2018, Andreas Tscheppe, Glanz, Aus Garten und Keller (6/9)
Andreas Tscheppe sucht. Das wäre an und für sich nicht erwähnenswert, weil heute, wer auf sich hält, sich als Suchende respektive Suchender bezeichnet. Andreas Tscheppe wird ganz offensichtlich auch fündig, was nicht heißt, dass er sich bequem zurück lehnt. Der Rudl verfolgt die Weine von Andreas Tscheppe jetzt seit dem Jahrgang 1999. Joe Cocker hat seinerzeit zum Auflassen des Hutes aufgefordert. Caviste Rudolf widersetzt sich in Anbetracht der 2018er Weine von Andreas Tscheppe dieser Anweisung.
Sauvignon Blanc 2017, Weingut Dieter Dorner, Novi Vrh und Mureck, Aus Garten und Keller (3/5)
Eine Freude, dass dieses Weingut des steirischen Bioweinbaupioniers so weiter betrieben wird.
Gewürztraminer 2017, Weingut Dieter Dorner, Novi Vrh und Mureck, Aus Garten und Keller (3/5)
Schrammelberg 2013, Herrenhof Lamprecht, Markt Hartmannsdorf, Oststeiermark, Weingarten (6/9)
… nicht nur diese Weine gibt es glasweise
von 16 bis 21 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22
Schilcher „Lys-rød“ N°29 2018, Franz Strohmeier, Lestein, Aus Garten und Keller (19 Euro)
Schilcher „Kamin„, geborener „Lestoa„, Franz Strohmeier, Lestein, Aus Garten und Keller (26 Euro)
Sauvignon Blanc 2014, Weingut Kåarriegel, geborenes Weingut Franz Hirschmugl (nicht zu verwechseln mit einem anderen Weingut Hirschmugl), Sankt Andrä – Höch, Sausal (tba)
Sauvignon Blanc 2016, Weingut Kåarriegel, geborenes Weingut Franz Hirschmugl (nicht zu verwechseln mit einem anderen Weingut Hirschmugl), Sankt Andrä – Höch, Sausal (tba)
Sauvignon Blanc 2017, Weingut Kåarriegel, geborenes Weingut Franz Hirschmugl (nicht zu verwechseln mit einem anderen Weingut Hirschmugl), Sankt Andrä – Höch, Sausal (tba)
Sauvignon Blanc 2018, Weingut Kåarriegel, geborenes Weingut Franz Hirschmugl (nicht zu verwechseln mit einem anderen Weingut Hirschmugl), Sankt Andrä – Höch, Sausal (tba)
Urgestein 2018, Eva und Karl Schnabel, Kreuz-, Kor- und Hoch-∟, Aus Garten und Keller (20 Euro)
Sauvignon Blanc „Blaue Libelle“ 2018, Andreas Tscheppe, Glanz, Aus Garten und Keller (28,50 Euro)
Sauvignon Blanc „Grüne Libelle“ 2018, Andreas Tscheppe, Glanz, Aus Garten und Keller (30 Euro)
Morillon „Salamander„ 2018, Andreas Tscheppe, Glanz, Aus Garten und Keller (30 Euro)
Hirschkäfer 2018, Andreas Tscheppe, Glanz, Aus Garten und Keller (40,50 Euro)
Gelber Muskateller „Segelfalter„ 2018, Andreas Tscheppe, Glanz, Aus Garten und Keller (30 Euro)
Sauvignon vom Opok 2018, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Aus Garten und Keller (19 Euro)
Graf Sauvignon 2017, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Aus Garten und Keller (27 Euro)
auch Gräfin 2017 (29,-) und Erde 2017 (39,-) wieder verfügbar
Gewürztraminer 2017, Weingut Dieter Dorner, Novi Vrh und Mureck, Aus Garten und Keller (tba)
Diese und alle anderen Weine aus seinem Sortiment liefert Ihnen der Rudl auch über den Sommer versandkosten- und co2-frei mit dem Radl. In diesem Fall ersucht Sie der Caviste cycliste Rudolf um ein kurzes Mail. Er meldet sich in der Folge, um einen Zustelltermin zu vereinbaren.
Im Übrigen bleibt Rudolf Polifka der Meinung,
dass es jetzt definitiv Zeit für den Ausbruch des Menschen aus seiner selbstverschuldeten, neoliberalen Unmündigkeit ist,
dass viel zu viele Menschen am Corona-Virus sterben, aber noch viel mehr an neoliberalistisch krankgesparten „Gesundheits„systemen
und man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz endlich zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!
Bleiben Sie vuasichtig, wie der Herr Kurt sagt, und zeigen Sie dummen, die Menschenwürde untergrabenden Handlungen die rote Karte!
Autrement! Rudolf Polifka
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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien
Öffnungszeiten: Dienstag und Donnerstag, 16 bis 21 Uhr, an Schultagen
kosten- und fast CO2-lose Zustellung innerhalb von und um Wien