30 Jahre Glykolskandal. Ad multos annos!

Etymologie

„Glykerós“ ist das griechische Wort für „süß“, „Glykol“ sozusagen der Spitzname des Diäthylenglykols und ein griechisches „skándalon“ bedeutet „Anstoß“ oder „Verführung“. So steht es in der ersten Auflage des lesenswerten „Wörterbuchs der politischen Sprache in Österreich“ (Hg. Oswald Panagl und Peter Gerlich). Diese Wörterbuch erklärt knapp über fünfhundert Wörter. Dass „Glykolskandal“ eines davon ist, deutet darauf hin, dass der in der politischen Geschichte dieses Landes nicht ganz belanglos ist.

Biographie

Dem Rudolf Polifka kommt es vor, als wäre es vor ein paar Wochen gewesen: Um gepflegt Französisch zu lernen, haben ihn seine Eltern zu Bekannten nach Bergerac geschickt. Und obwohl sie das weder selber in nennenswerten Mengen zu sich genommen noch wirklich für österreichtypisch gehalten haben, wurden dem jungen Herrn Rudl Süßwein aus dem Seewinkel und Mozartkugeln aus Salzburg als Gastgeschenke in den damals noch radlfreien Koffer gestopft. Das muss Anfang Juli 1985 gewesen sein. In der Stadt des Mannes mit der langen Nase angekommen, hat der Rudl die Präsente auftragsgemäß ausgehändigt. Während die runde Marzipan-Nugat-Konditorware, die zumindest an den linken Gestaden der Salzbach schon ein bissl die Welt bedeutet, mit Freude entgegen genommen worden ist, haben sich die Reaktionen auf das flüssige Gold aus Illmitz etwas konsterniert ausgenommen, was dann wiederum den halbwüchsigen Rudl halbwegs verunsichert hat.

Troubleshooting à l’Autrichienne. Eine Chronologie

Dass man irgendwas im Wein gefunden hat, davon hatte der Rudl im April desselben Jahres schon etwas mitbekommen, aber sehr ausführlich war das in den Medien nicht thematisiert worden. Es wäre ja interessant, sich die einschlägigen Tageszeitungen dieser Wochen damals zwischen 21. Dezember 1984 und 9. Juli 1985 ausheben zu lassen und die Inserate der Nahrungsmittelindustrie im Allgemeinen und der Weinwirtschaft im Speziellen anzuschauen. Denn begonnen hatte das Ganze früher. Drei Tage vor Weihnachten 1984 war ein heute immer noch Unbekannter mit deutschem Akzent in der landwirtschaftlich-chemischen Bundesanstalt in Wien aufgetaucht und hatte eine Flasche auf den Tisch gestellt, mit dem Kommentar, dass dies die österreichische Weinfälscherszene verwende (Kurier, 2. Mai 2015).
Irgendetwas hat auf jeden Fall dazu geführt, dass die Leitmedien des Landes trotz der Hinweise ein gutes halbes Jahr andere Themen interessant gefunden haben. Vielleicht war es Sir Gascoignes Debut in der ersten englischen Liga, oder der Triumpf des Everton FC im Europacöp der Cöp-Sieger. Vielleicht war es Live Aid, oder der siebzehnjährige Wimbledon-Sieger Boris Becker.
Bernard Hinault hat in diesen Tagen damals gerade seine fünfte Tour de France gewonnen und an Gesamtsiegen mit Eddy Merckx und Jacques Anquetil gleichgezogen. Das ist bis heute der letzte Sieg eines Franzosen bei der Tour de France. Aber das hat damals noch niemand wissen können. Und so richtig in Atem gehalten hätte das die Redakteurinnen und Redakteure dieses Landes eher nicht.
Drum kann es der Rudl nicht ganz ausschließen, dass die Akzentsetzung des österreichischen Medieninteresses in diesen Wochen andere Gründe gehabt hat.
Am 9. Juli ist dann auf jeden Fall alles anders gewesen. Da hat dann der Hut gebrannt, und zwar ordentlich. Das Gesundheitsministerium der BRD hochoffiziell hatte vor dem Kauf österreichischer Prädikatsweine gewarnt. Lähmungserscheinungen und so. Ab dann: „Glykolskandal!“ Genau diese Tage müssen es gewesen sein, die zwischen dem Rudl seinem Reiseantritt und der Übergabe der Gastgeschenke in Bergerac gelegen sind.

Wonn da Huat brennt

Dass das offizielle Österreich damals auch etwas anderes als Abwarten und Grinsen kannte, hat es in den Wochen darauf ganz eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Noch im August 1985 ist ein strenges Weingesetz verabschiedet worden. Gegen die Stimmen jener Partei, deren Agrarvertreter bis heute nicht müde werden, fast eitel auf das strenge österreichische Weingesetz hinzuweisen.

Der Weinjahrgang 1985

… war quantitativ klein: Frost, Verrieselung, Hagel. Ein großes Probelm war das aber nicht. Die internationale Nachfrage hat sich in Grenzen gehalten. Qualitativ war der Fünfundachtziger außergewöhnlich gut, gehaltvoll, fruchtig und sortentypisch. Sortentypizität scheint sowieso ein Charakteristikum von quantitativ kleinen Jahrgängen zu sein.

Zeitbotschafter aus dem 85er-Jahr

Repräsentiert wird der 85er diese Woche bei Monsieur Polifka von drei Weinen aus den drei größeren Weinbaubundesländern

Nikolaihof Riesling Cabinet trocken, Weingebirge 1985
Erst mit 1986 haben sie in der Wachau die heute geläufigen Qualitätsstufen Federspiel und Smaragd eingeführt. Nikolaus Saahs sen. kann man ruhig als Doyen des biologischen und biodynamischen Weinbaus in Österreich bezeichnen. Er hat nie versucht, irgendwem irgendwas zu beweisen und dem Rudl kommt vor, dass man das auch schmeckt. Heute bewertet das Nomen Agentis von der abgegrenzten und mehr oder weniger gepflegten Freilufterholungsfläche einen Wein von Herrn Saahs mit hundert Punkten.
Der Riesling Cabinet Weingebirge 1985 hat 11 Prozent Alkohol. Das steht auf einem Etikett, das noch nicht den strengen Informationsrichtlinien des im August 1985 beschlossenen und 1986 novellierten Weingesetzes entspricht. Der Wein in der Flasche wurde von Herrn Saahs damals schon nach strengeren Regeln gekeltert, als sie in Österreich je gegolten haben oder gelten werden.

Otto Riegelnegg, Ollwitschhof, Riesling 1985
Das ist ziemlich sicher nicht der für lange Lagerung prädestinierte Wein. Aber der 1985er Weißburgunder Kabinett aus demselben Haus ist, der am 26. und 27. März dieses Jahres auf der Tafel der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils gestanden ist, war erstaunlich gut beisammen. So oder so, der Rudl hat keinen anderen steirischen Wein aus diesem Jahr. Darum wird er einmal schauen.

Weingut der Stadt Rust, Weißburgunder Auslese 1985
Der ist süß. Für einen Grund zur Beunruhigung hält Herr Rudolf das nicht. Wer im Herbst 1985 unlautere Mittel im Keller verwendet hat, der muss entweder äußerst dreist gewesen sein oder sich dem öffentlichen Diskurs der Monate davor sehr konsequent entzogen haben. Diese Auslese war außerdem bis weit in die Neunziger Jahre im Ruster Rathauskeller im Verkauf. Und Herr Rudolf hat schon das eine oder andere Flascherl davon konsumiert. Keine Lähmungen, so far.

Diese drei Flaschen aus dem Jubiläumsjahrgang 1985 schenkt Herr Rudolf diese Woche aus, wie immer nicht ausschließlich diese drei Weine.
So steht in Anbetracht der Unfähigkeit oder Unwilligkeit österreichischer Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene, 1213 (eintausendzweihundertdreizehn!) von der EU-Kommission zugewiesene Flüchtlinge halbwegs menschenwürdig unterzubringen, wieder einmal der

Primitif, Domaine Giachino, Chapareillan, 2011

auf der Karte.
Rebsorte Jacquère, frühe Lese, biologischer Säureabbau mit Naturhefen, drei Monate auf der Feinhefe, 9 Prozent Alkohol, wie ein Biss in eine Weintraube, eine Reminiszenz an prae-moderne Weinbaumethoden.
Kristallin klar, florale Noten, Zitronenzesten – geeignet zu jedem Essen und zu jeder Jause, was Rudolf Polifka wieder einmal zum Anlass nimmt, Sie zum Mitbringen Ihrer Jause zu animieren. Bei diesem Wein denkt Herr Rudolf sofort an Reblochon, an eine Tartiflette oder eine Quiche.

Zurück zum Anlass für den Primitif:
An und für sich zieht es Citoyen Rudolf ja vor, Politik implizit zu thematisieren. Aber das, was in der Flüchtlingsdebatte im Moment läuft, zwingt den Rudl förmlich, von seinem Prinzip abzugehen:
Wer es nicht schafft, ein paar tausend Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen, ohne sie einem mitleidslosen Hetzer als Kanonenfutter auszuliefern, der hat seine Unfähigkeit ganz klar unter Beweis gestellt und verdient das Prädikat „primitiv“.

Drei Weine aus dem Skandaljahr, einen Primitif und ein paar andere Weine, diese Woche glasweise

am Donnerstag, den 2. Juli und am Freitag, den 3. Juli
von 16 bis 22 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22
Am Samstag, den 4. Juli findet dann in Utrecht der Prolog zur diesjährigen Tour de France statt. Das nimmt Caviste Rodolphe wie jedes Jahr zum Anlass, Weine aus der näheren oder weiteren Umgebung der jeweiligen Etappen glasweise zu kredenzen. Wie immer zu tourlichen Öffnungszeiten:
Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag von 19(!) bis 22 Uhr
Nur dass er das heuer nicht drei, sondern lediglich zwei Wochen lang macht. Denn dieses Jahr kommen die Radler in der dritten Tourwoche in die Alpen. Und da wird sich der Rudl mit Femme und Fils deplacieren, um vielleicht ohne Fernsehkastl vor Ort eine Zielankunft mitzuverfolgen.
Das heißt, dass sich Weinlehrer Rudolf heuer bereits am 18. Juli in die Sommerferien begibt.

Happy Birthday, Glykolskandal!

 

Sieben Rieslinge. Wer ist der König von den Königen der Weine?

In und nicht so in

Es gibt Rebsorten, die sind einmal in und dann wieder out, Chardonnay und Sauvignon Blanc zum Beispiel. Und es gibt Rebsorten, die sind nie richtig in, Müller Thurgau oder Blauburger. Und dann gibt es ein P(!)aar, das scheint immer gefragt zu sein: Pinot Noir und Riesling.

Rebsortentrendforscher, bitte melden!

Warum das so ist, das ist für den Rudl selber ein Mirakel. Er geht zwar eher nicht davon aus, dass sich ein Trendforscher unter den Adressaten dieser Zeilen befindet. Falls doch, würde ihn eine Kurzexpertise schon interessieren. Zuerst hat der Herr Rudolf ja geglaubt, dass die immerwährende Beliebtheit von Riesling und Pinot Noir mit deren weltweiter Verbreitung zusammenhängen könnte. Aber dann müsste der Chardonnay ja auf der ganz, ganz sicheren Seite sein. Der scheint jedoch erst langsam und mühsam aus seinem Popularitätstief der letzten Jahre wieder heraus zu kraxeln.
Und dass die gewogene Haltung dem Riesling gegenüber mit seiner späten Reife und damit einer relativen Resistenz gegen den Klimawandel zu tun haben könnte, ist auch nur bedingt erklärend. Da müssten Furmint und Petit Manseng ja auch boomen wie nur irgendwas.

Pantheon

Wenn es nach Arômes du Vin aus dem Hachette-Verlag geht, hat der Riesling Zugang zum Pantheon der Rebsorten, zumindest dann, wenn er von den steilen Schieferlagen an der Mosel kommt. Demnach sind hohe Säure und niedriger Alkohol die ausschlaggebenden Kriterien. Ob das der liegende Achter auch gelesen hat?

Mineralik und des Weana Gmiat

Weiße Blüten, Pfirsich, Zitrone und – welche Überraschung – Mineralik, zu der man im Reifestadium „Petrolton“ sagt. Die Frau Rudl nennt es „Tankstelle“. Das, sagt man, ist der Riesling.
Sehen Sie, das ist auch wieder wo etwas, was den Rudl interessieren täterte: Mit dem Attribut „mineralisch“ ist man sowieso schnell einmal zur Stelle, wenn man einen Wein als besonders hochwertig auszeichnen will. Und Weinen, die auf Urgesteinsverwitterungsböden wachsen, sagt man die Mineralität ja fast toposartig nach, wie den Wienern die Gemütlichkeit. Aber hat das die Wissenschaft einmal untersucht? Oder leben diese Wahrheiten von ihrer Wiederholung? Und dann könnte man natürlich auch noch hergehen und die positive Konnotation von Mineralität und Gemütlichkeit zur Diskussion stellen.

Monarchen der Ampelographie

Monsieur Rudolf würde sich weder als Urgestein noch als gemütlich bezeichnen. Aber dafür kann der Riesling ja nix. Drum stellt der Rudl diese Woche unter das Motto des Königs der Weine.
Und damit es ein bissl ein Querschnitt wird, diversifiziert Herr Rudolf auf drei Staaten.

Domaine Ostertag, Riesling Heissenberg, AOC Vin d’Alsace 2010
Dass Heissenberg der Lieblingselsässer Riesling von Monsieur Rudolf ist, das kann er seriöserweise nicht behaupten, denn dazu kennt er zu wenige Rieslinge aus dem Elsass. Aber dass Ostertag der unumstrittene Lieblingswinzername vom Rudl ist, da fährt die Eisenbahn darüber.
Heissenberg ist ein steiler Abhang über der Ortschaft Nothaltern, eine silikatreiche Mischung aus rotem Sandstein und Gneis. Winzermeister André Ostertag bezeichnet seinen Riesling Heissenberg als „Vin de Pierre“, weil keine anderer Rebsorte Mineralität und Hitze der Lage so präzise respräsentiert.

Auch ein passabler Name für eine Winzermeisterei ist:
Forstmeister Geltz, Saarburg Rausch, Erste Lage, Riesling Kabinett, Mosel 2011, feinherb,
laut Gault Millau bester deutscher Kabinettwein des Jahrgangs.
Bis zu zehn Meter weit wurzeln diese Rieslingstöcke in mittelgrauen, feinblättrigen Devonschiefer und vulkanisches Eruptionsgestein hinein. Einzigartige Kombination aus niedrigem Alkohol (8 Prozent), prägnanter Säure und natürlicher Restsüße – Limetten, Rosmarien und Stein.

Josef Salomon, Riesling Reserve Rabenstein, Falkenstein, Weinviertel 2012, lieblich
Caviste Rudolf weiß, dass untrockene Weißweine uncool sind und so langsam weggehen wie trockene, steinharte Semmeln, aber egal. Monsieur Salomon lässt so wie sein Vater und wahrscheinlich auch dem sein Vater die Weine gären. Und wenn sie nicht mehr gären, dann gären sie nicht mehr und dann gibt es auch keine Reinzuchtnachhilfe und keine Würschtel. Dann ist der Wein, so wie er ist. Monsieur Polifka mag das. Und in Sachen Haltbarkeit muss Josef Salomon niemandem mehr etwas beweisen, gerade beim Riesling nicht.

Josef Zens, Rheinriesling Spätlese, Mailberg, Weinviertel, 1999, halbtrocken
Kalkhaltige Lehm- und Lössböden bringen im Mailberger Kessel individuelle Weine hervor. Ob das mehr am Kalk oder an der Kessellage liegt, ist schwer zu sagen. Auffällig ist schon, dass viele auffällig gute Weine aus dem Weinviertel auf den dort eher nicht so zahlreichen kalkhaltigen Böden wachsen, ob das am Ziersdorfer Köhlberg bei Leo Uibel, in Falkenstein bei Josef Salomon oder in Mailberg ist.

Karl Schnabel, Riesling, Sausal, Südsteiermark, 2011, orange
So viele orange Rieslinge gibt es gar nicht. Der vom Herrn Karl wächst auf Urgesteinsverwitterungsböden, hoch oben in Kitzeck. Karl Schnabels Zugeständnis an die Weißweinwelt.
Kein zugesetzter Schwefel, kein Filtrieren, keine Insektizide, Herbizide, Fungizide, Mineraldünger und wie der ganze Zauber sonst noch heißt. Dafür Baldrian, Brennesseln, Ackerschachtelhalm, Karstheindl zur Bodenlockerung, Sense und Hinterwälder Rinder zum Mähen, Steinhaufen und Wasserstellen für Reptilien.

Weingut Schmidl, Riesling Küss den Pfennig Smaragd, Wachau, 2013
Riesling aus der Dürnsteiner Kleinriede am Kellerberg. Wer wissen will, wodurch sich Bioweine von konventionellen Weinen geschmacklich unterscheiden, dem rät Caviste Rudolf, jetzt in die Wachau zu fahren und 2014er zu vergleichen.

Hirtzberger, Riesling Singerriedel Smaragd 2000
Riesling aus den alten Steinterrassen, die seit etwa zwanzig Jahren Schritt für Schritt wieder aufgebaut und rekultiviert werden. Paragneis, Glimmer, Schiefer und erzhaltiges Gestein.

Diese sieben Könige, aber wie fast immer nicht ausschließlich diese Weine gibt es glasweise

am Donnerstag, den 25. Juni und am Freitag, den 26. Juni
von 16 bis 22 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22.

Nachrichten aus dem Flaschensortiment
Ab sofort sind Buchertberg Weiß 2013 und Schrammelberg 2013 vom Herrenhof Lamprecht verfügbar.

Herr Rudolf grüßt ungeachtet allfälliger Popularitätsschwankungen die Gemütlichen gerade so wie die Ungemütlichen!

Sieben Rosés. Vom Baskenland über das Schilcherland bis Ziersdorf. Ein Beitrag zur politoenologischen Farbenlehre

Eigentlich = nicht

 

Eigentlich“ ist ein unanständiges Wort. Wenn irgendwer oder irgendwas „eigentlich“ irgendwie ist, dann kann man in der Regel davon ausgehen, dass er eben gerade genau nicht so „irgendwie“ ist. Wenn in einem Staat „eigentlich“ die Regierung regiert, dann hat dieser Staat ziemlich sicher mindestens ein Problem.

 

Roséweinkompetenzzentrum Rudolf Polifka et Fils a.D.

 

Aber immer stimmt es auch nicht.Der Rudl hat ursprünglich eigentlich vorgehabt, seinen Weinkaufsladen als Kompetenzzentrum für Roséwein zu eröffnen. Und das hat er wirklich vorgehabt. Darum waren in den ersten Monaten, in denen Herr Rudolf sein Geschäft nicht aus Umbauarbeits- und Einrichtungsgründen aufgesperrt hat, 22 von 120 Weinen, die er sein Sortiment genannt hat, Rosés, darunter neun biologische Schilcher.

Irgendwann hat sich Caviste Rudolf dann gedacht, dass er selber schon immer wieder gern einen Rosé trinkt, aber so oft auch wieder nicht. Und das ist es dann gewesen mit dem Roséweinkompetenzzentrum, zumindest fast ziemlich sicher eher.

 

Es muss im Leben weniger als alles geben.

 

Ganz unreizvoll findet Herr Rudolf die Idee immer noch nicht. Aber man kann nicht alles machen. Und spurlos ist das damalige Ansinnen am Keller vom Rudl eh nicht vorbei gegangen. Da findet sich schon noch der eine oder andere Eckpunkt des Projektes Roséweinkompetenzzentrum. Denen wird Herr Polifka diese Woche auf den Grund gehen.

 

Macharten für Rosé gibt es ja mehrere:

 

Man kann blaue Weintrauben früher oder später, auf alle Fälle aber früher als man es für eine Rotwein machen würde, pressen und dann fertig vergären. Je später man presst und die Maische entfernt, desto dunkler wird der Rosé. Je weniger farbintensiv die Rebsorte, desto länger darf die Konferenz zwischen Wein und Maische dauern, ohne dass gleich „Rotwein“ im Konferenzprotokoll steht.

 

Saignée

 

Oder man macht Rotwein und zieht aus dem Gärbehälter mit dem blauen Gatsch nach spätestens zwei Tagen Traubensaft ab. Dann ist der Rosé quasi ein Kollateralnutzen der Rotweinkelterung, sofern es sich um gutes Traubenmaterial handelt. Und der Rotwein konzentrierter, weil der besonders flexible Teil des Mosts, der überhaupt nicht lange nachdenken muss, bevor er sich aus dem Gärbehälter verdünnisiert, eben nicht allzu extraktreich ist. Der Franzose heißt das dann Saignée. Andere sagen: „Ich kann mich nicht erinnern.“

 

Beide Varianten haben ihre Befürworter und Kritiker. Von denen führen beide ihre begründeten und nicht so gut begründeten Argumente und Gegenargumente ins Treffen.

 

Kohle

 

Die unerfreulichere Tour ist es, Rotwein rabiat durch Aktivkohle aufzuhellen.

 

Verschnitte

 

Und dann kann man natürlich hergehen und einen Richebourg 1985 mit einem Silex 1986 mischen. Das ergibt dann ziemlich sicher auch einen Rosé. Geschäftstüchtige Kreise wollten vor ein paar Jahren erreichen, dass dieses Verfahren zur Roséerzeugung in der Europäischen Union zugelassen wird. Aber da haben die Franzosen nicht mitgespielt.

 

Österreichische Staatskunst

 

Rudolf Polifka ist froh, dass es damals nicht auf die gegenwärtige österreichische Staatskunst angekommen ist. Gemäß dem Motto „Ich füttere mit Steuerinseraten Hetzblätter, aber mit einer Hetzer-Partei werde ich ganz sicher nie koalieren, zumindest fast ziemlich sicher eher nie oder so!“ hätte die sich im Boulevard vermutlich zuerst vollmundig ganz besonders „So“ gegen jegliche „EU-Pantscherei“ verwehrt und wäre dreimal umgefallen gewesen, bevor die kunterbunte Edelfederei in die U-Bahn-Stationen ausgeliefert gewesen wäre. Vielleicht auch eine Form von rosé. Oder von broncé? Und wenn das ganze zu braun wird, verhilft Aktivkohle zur Tarnung. Und wenn die Broncierten wieder einmal irgendwo an der Macht waren, alles verschustert haben und es nachher nicht gewesen sind, dann hilft die Passivkohle aus der Gegenfinanzierung einer sogenannten Steuerreform.

 

Subjektive oenologische Erfahrungen

 

Vor ein paar Jahren hat der Rudl vor einer Übersiedlung auf die Hasenleiten mit seinen beiden Kollegen W. und Z. eine Studie an Altweinen durchgeführt, seinerzeit noch am alten Institut in der Diefenbachgasse. Diese Studie hat einige Indizien dafür ans Tageslicht befördert, dass manch ein Rosaroter im Alter leicht braun wird. Das könnte mit dem Extrakt zusammen hängen.

 

Schilcher

 

Dann gibt es Schilcher. Der war einmal dafür bekannt, „resch“ zu sein, ähnlich wie das der „Brünnerstraßler“ seinerzeit war. Heute können beide resch sein, sie können aber auch wie ein Wasserl, in dem man ein Zuckerl aufgelöst hat, schmecken. Oder nach irgendetwas zwischen „resch“ und „Zuckerlwasser“.

 

Gründe genug, ein paar Rosés auf den Zahn zu fühlen und zu zeigen, dass sie Biss haben und dass auch sie nicht gleich braun werden, wenn der Wind aus einer anderen Richtung weht. Darum mit einer perlenden Ausnahme alle aus nicht aktuellen Roséjahrgängen:

 

Domaine Arretxea, Irouléguy Rosé 2011, Sud Ouest

80 Percent Tannat, 20 Cabernet Franc, auf sehr eisenhältigen Sandsteinböden und auf Kalk gewachsen. Zwölf heiße Maischestunden für den tanninreichen Tannat, keine Säureabbau, auf der Feinhefe ausgebaut. Haltbarkeit: sieben bis fünfzehn Jahre. „Winterrosé“ tituliert.

 

Domaine Dupasquier, Rosé 2011, Savoie

Dem Rudl sein Lieblingsrosé aus Savoyen

 

Weingut Kainz, Schilcher Ried Gundersdorf 1991, Schilcherland

Chroenologist Rudolf hat mit der heute populären Phrase „Das geht gar nicht!“ noch gar nie etwas anfangen können. Vielmehr hält er es mit 1 Thess 5,21.

 

Maria und Sepp Muster, Schilcher 2010, Südsteiermark

Karger Opok-Boden, alte Rebstöcke. Nicht aus dem Ursprungsgebiet des Schilchers: eine Referenz und die weingewordene Verifizierung der These, dass man nicht bleiben muss, wo man immer war, aber dass man sich daran erinnern soll, wie das ein guter Bekannter vom Herrn Kurt einmal formuliert hat.

 

Franz und Christine Strohmeier, Schilcher N° 25, 2013, Franz und Christine Strohmeier, Schilcherland

Schon aus dem Ursprungsgebiet des Schilchers: auch eine Referenz

 

Karl Schnabel, Rosé 2013, Südsteiermark

Herrn Karls Rosé-Premiere

 

Weinhof Uibel, Grand Rosé Brut, Pinot Noir, Weinviertel

Herrn Leos Pinot-Schaumweinpremiere

 

Diese Rosés, aber nicht ausschließlich Rosés kredenzt Monsieur Polifka

 

am Donnerstag, den 18. Juni und am Freitag, den 19. Juni

von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

 

Nachrichten aus dem Flaschensortiment

 

Den Grand Rosé Brut von Leo Uibel gibt es ab sofort auch im Flaschensortiment der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils.

 

Citoyen Rudolf grüßt diese Woche ganz besonders jene, die das, was sie vorgeben zu tun, auch wirklich tun und auch noch tun, wenn der Wind dreht.

Montag, 15. Juni: Der Herrenhof Lamprecht zu Gast in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils

Der Rudl freut sich ganz besonders, am Montag, den 15. Juni im Rahmen des Reindorfer Grätzelwalks

http://einfach15.wien/event/einfach15-graetzelwalk/

Monsieur Gottfried Lamprecht in seinem Geschäft begrüßen zu dürfen.
Der Winzer himself wird von 15 bis 20 Uhr seine Weine
http://www.herrenhof.net/weine/
zur Ausschank bringen und für Auskünfte zu eben denselben zur Verfügung stehen,

am Montag, den 15. Juni
von 15 bis 20 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Die Hoheit Altesse und die königliche Tafel von Josef Umathum. Eine Urlaubslektüre

Lang. Sehr lang!

Die Ausführungen, die Ihnen der Rudl meistens am Montag oder am Dienstag schickt und in denen er versucht, zumindest auch etwas zum Weinthema der jeweils gerade anbrechenden Woche von sich zu geben, sind gelegentlich etwas umfangreich, nicht weil der Rudl das des Umfangs wegen anstrebt und erst recht nicht, weil er nicht weiß, dass man heute den Göttern der Verknappung, Verkürzung und Veroberflächlichung Weihrauch streut, nicht nur in Studien- und Lehrplänen. Einerseits ist nichts verzichtbar, auch nicht das 21. neue Erdbeerjoghurt, zumindest solange es genauso schmeckt wie die anderen zwanzig und noch ein paar Kilometer mehr im Lastauto herum kutschiert worden ist als die anderen zwanzig. Das nennt man heute Diversität und Freiheit. Sie gilt für alles mit einem IQ kleinergleich dem einer Getränkedose und ist ohne Rücksicht auf Verluste zu schützen.
Und die penetranteste Banalität ist heute unverzichtbar. Sie muss zwischen zwei Buchdeckel oder zumindest auf einen mit Steuergeld finanzierten und mit Fahrscheingebühren entsorgten Zeitungsfetzen in der U-Bahn. Das nennt man heute Informations- und Meinungsfreiheit. Sie gilt für alles mit einem IQ kleiner dem einer Getränkedose.
Darum bitte ja nicht zu viel Text, keine schwierigen Wörter, große Buchstaben, viele Bilder und auf gar keinen Fall Sätze, die aus mehr als fünf Wörtern bestehen. Hätte den Herrn Rudolf so ein Käse gereizt, hätte er der Schule nicht teilzeit den Rücken kehren und ein Weingeschäft aufmachen müssen. Ganz im Gegenteil, dann hätte er sich gleich zum Bildungskompetenzzentrumspräsidenten oder Schulmeisterexperten befördern lassen können. Darum sind die E-Mails von Rudolf Polifka so, wie sie sind. Und wen das interessiert, der kann das lesen. Und darüber freut sich der Rudl dann natürlich. Wer daran vor allem bemerkenswert findet, dass Herr Rudolf „viel Zeit haben muss“, der kann das bemerkenswert finden. Und wem das alles sowieso wurscht ist, der liest es wahrscheinlich eh nicht, was dem Rudl auch keine grauen Federn wachsen lässt. Hinweise, wie erfolgreiche Werbung zu sein hätte, aber schon.
Der langen Vorrede kurzer Sinn, diese Woche sehr viel Text über Altesse, eine Lieblingsrebsorte vom Rudl, wahrscheinlich der längste Newsletter dieser Welt. So far.

Altesse – aristokratische Gendergerechtigkeit

In einem, wie man sagt, republikanischen Zeitalter ist ein Wein, der sich „Altesse“ nennt, schon ein bissl daneben. Aber was soll man machen? Niemand sucht seine Lieblingsweinrebsorten nach dem Political-Correctness-Faktor des Namens aus, nicht einmal Herr Rudolf.
Auf der anderen Seite könnte man Altesse fast als Vorreiterin für die sprachliche Gleichstellung von Frau und Mann betrachten. Um die sprachliche scheint es ja vor allem zu gehen, vielleicht weil jede andere Gleichstellung sofort wieder einen Batzen Marie kosten würde. Und das wächst angeblich nicht auf Bäumen oder in Blasen, auch wenn manche Wirtschaftsexperten nicht müde werden, anderes zu behaupten.
Der aristokratische Hoheitstitel „Altesse“ macht aus Kaisern und Königen, grammatikalisch betrachtet, Weiblichkeiten. Da ist dann der Monarch mit der tiefsten Stimme „die kaiserliche Hoheit“. Schlecht?

Aromen und Aromoiden

Mit den Aromen ist es ein Hund. Da gibt es gerade beim Wein ein paar, die quasi als Parias gelten. Und andere, die ziemlich angesagt sind. Werden einem Wein mineralische Noten nachgesagt, dann hat er heute schon gewonnen. Wehe er schmeckt nach Erdbeeren. Dann kann er einpacken. Der Rudl mag Erdbeeren. Drum stören ihn auch im Wein keine Erdbeeraromen. Es sei denn, er findet dann dieselben erdbeeroiden Aromen in einem Schilcher, in einem Uhudler, in einem steirischen Sauvignon Blanc und in einem Grünen Veltliner DAC aus dem Weinviertel. Das gibt es. Aber dafür kann keine Erdbeere auf dieser Welt etwas.

Geschmäcker können nicht irren

„Wünsche können nicht irren“, ist von den vielen schönen Sätzen, die Adolf Holl geschrieben hat und hoffentlich noch schreiben wird, einer, der dem Rudl besonders gut gefällt. Und Monsieur Polifka tendiert immer mehr zur Auffassung, dass es sich mit Geschmäckern ähnlich verhält. Man kann unaufmerksam etwas essen und trinken und dabei nicht bemerken, dass es grauslig schmeckt. Und man kann auf etwas so versessen sein, dass man es gut findet, egal wie es schmeckt, und dabei auch gar nicht merkt, wie es schmeckt. Vielleicht weil man auf eine Marke, auf eine Rebsorte, auf einen Winzer oder eine Herkunftsbezeichnung fixiert ist. Das ist aber nicht bewusst, zumindest nicht geschmacksbewusst. Aber wenn einem etwas ganz bewusst gut schmeckt, dann kann das kein Irrtum sein, wie auch immer es schmeckt, was auch immer es ist und was auch immer andere darüber reden.

Altesse – Aromen: Lindenblüten, Haselnüsse, Mandeln, Honig und Quitten

Der Rebsorte Altesse sagt man oft die folgenden Aromen nach: Lindenblüten, Haselnüsse, Mandeln, Honig und Quitten – tendenziell also eher Aromen mit hohem Prestige, die auch immer wieder mit den Montrachets und Meursault in Verbindung gebracht.

Lindenblüten und Josef Umathum

Beim Lindenblütenaroma handelt es sich um ein sogenanntes Primäraroma. Für ein solches ist die Weintraube zur Rechenschaft zu ziehen, wohingegen ein Sekundäraroma der Gärung geschuldet ist und ein Tertiäraroma der Reifung.
Chemisch ist das Lindenblütenaroma ein Mysterium. Bislang haben die Forscher kein Molekül ausfindig gemacht, das die Lindenblüte geschmacklich und geruchlich zur Lindenblüte macht. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind es Moleküle, die dem Farnesol nahestehen. Was die veritable Lindenblüte darüber hinaus bemerkensert macht, ist der Umstand, dass sich alle Blüten einer Linde zeitgleich öffnen, dann aber nur einen Tag lang blühen. Als lindenblütenintraubierte Rebsorte gilt der ungarische Hárslevelü. Der ist im Tokay drinnen. In Österreich hat sie eine Durststrecke hinter sich. Dass die vorbei ist, verdankt sie Josef Umathum. Aber weil Tradition auch in der Weinwirtschaft sehr selektiv gepflegt wird, hat man dem das weinamtlicherseits nicht gedankt. Noch nicht.
Aromatisch verbündet sich das Lindenblütenaroma im Wein tendenziell ganz gern mit dem Honigaroma, so auch in vielen Altesses, aber auch im Quarts-de-Chaume und im Bonnezeaux. Sogar der Schweizer Chasselas kennt es, der Loin de l’oeil in Gaillac, der Weiße aus Pessac-Leognan, Marsannes von der Rhône, der Bellet auf den Hausbergen von Nizza und sogar junge Elsässer Rieslinge.

Quitte

Das Sekundäraroma Quitte braucht ziemlich sicher Diethyl-Sebacat, das man, wenn man ein bissl genauer hinschaut, auch in der Melone findet. Es entsteht durch Esterifikation der sebacischen Säure durch Ethanol bei der Gärung.
Als USP gilt das Quittenaromen für jene Chenin Blancs, die auf Urgesteinverwitterungsböden wachsen. Das sind vor allem die Appellationen Savennières, Roche-aux-Moines und Coulée de Serrant, aber auch die nicht so restzuckerfreien Coteaux-du-Layon, Quarts-de-Chaume und Bonnezeaux. Auch den süßen Weinen von Sauternes, Barsac, Monbaziallc und Jurançon sagt man sie nach. Und natürlich in manchen Altesses, ganz besonders denen aus Monterminod und Umgebung.

Quitten und Honig

Dass die Quitte gut zum Honig passt, das haben schon die alten Römer gewusst. Darum haben die die Quitten gerne im Honig kandiert. Und in den legendären Falerner haben sie eine Mischung aus Quitten, Bockshörndlklee und Iriswurzeln gegeben. Eine von den alten Römerinnen war bekanntlich die Venus. Mit der teilt der Rudl die Quitte als Lieblingsfrucht und bildet sich darauf auch etwas ein.

Honig

Honig ist Sonne. Chemisch gehört sein Aroma zu den ätherischen Aromen. Die verbrüdern sich in schöner Regelmäßigkeit mit Akazien, Lindenblüten, Ginster, Marillen, Mango und Quitten. Das Honigaroma in Weintrauben entsteht durch Konzentration, wenn die Traubenschalen Wasser verlieren. Es handelt sich um Derivate vom Phenylethylalkohol: Butyl- und Isobutyl-Phenylacetate, Phenylethylacetate und Ephenylacetaldehyd. Lange brauchen die alle nach der alkoholischen Gärung nicht, um zu entstehen.
Süßweine haben ein besonders Naheverhältnis zum Honigaroma, nicht nur aufgrund der Viskosität: Sauternes, Monbazillacs, auch Ausbrüche, Chenins aus Vouvray und natürlich viele Vins Doux Naturels aus Rivesaltes. Auf der trockenen Seite sind der Jurançon sec, im Fall von hohem Petit Manseng Anteil, vor allem aber die Chardonnays der Côte de Beaune – Puligny-Montrachet, Chassagne-Montrachet, Weine von den berühmten „calcaires brunes“, aber tendenziell schon eher die mit ein paar Jahren Flaschenreife – zu nennen. Dort alliiert der Honig besonders gern mit getrockneten Früchten, orientalischen Gewürzen und Steinigkeit.

Haselnüsse, Mandelkern haben die Altessen gern.

Haselnüsse und Mandeln schmecken nach Altesse. Wenn Sie, gewogene Leserin und geneigter Leser diese Formulierung eigenartig finden, dann liegt das ziemlich sicher nicht daran, dass sie nicht stimmt, sondern daran dass Mandelbäume und Haselnussstauden halt doch weiter verbreitet sind als Altesse-Rebstöcke. Deshalb hat man eine ungeschriebene Sprachregelung getroffen, derzufolge Altesse nach Haselnüssen und Mandeln schmeckt. Der nicht unbedingt ein Übermaß an Flexibilität sein Eigen nennende Starrkopf Rudolf Polifka verstößt bewusst gegen diese Regelung und behauptet, dass Mandlen und Haselnüsse nach Altesse schmecken, die Pfoad Altesse ist ihm quasi näher als der Rock Haselnussstaude.
Ohne Biosynthese wäre das Ganze sowieso redundant. Denn dann gäbe es kein Haselnussaroma, und auch die frische Butter müsste dann eines eigenen Aromas entraten, was für gar nicht so wenige Zeitgenossen verschmerzbar wäre, weil dieses Aromerl, das die Haselnuss mit der frischen Butter gemeinsam hat und das aus einer Dekomposition einiger Fettsäuren durch Microorganismen resultiert, sich gar nicht so wenigen Zeitgenossen eh verschließt. In den Saint Nectaire, ein Kaserl aus der Auvergne, wird dieser Geschmack durch besondere Pilzstämme hinein gebracht. Unter den Weinen gilt Chardonnay als das rebsortegewordene Haselnussaroma. Das dürfte so zu dieser Rebsorte gehören, dass es fast egal ist, ob der Weinstock in der Champagne, in Meursault, Puligny, im Napa Valley oder in Großgmain steht.

Bei der Mandel schaut die Geschichte ein bissl schwieriger aus, weil es da zwei Mandelgeschmäcker gibt: die gebrannte Mandel und die frische Mandel.
Das Aroma der gebrannten Mandel ist eine Spur komplexer und näher an der Haselnuss. Es ist ein Tertiäraroma, das sich aus Sulfiden entwickelt. Besonders oft findet man es in trockenen Weißweinen aus Burgund, in den Altessen aus Savoyen sowie in Saint-Péray und Crozes-Hermitage an der nördlichen Rhône.
Das Aroma der frischen Mandel dagegen steht mit Benzaldehyd in Verbindung und kommt in den Steinobstkernen vor. In Koalition mit ein paar anderen Molekülen sorgt es vor allem in den Rotweinen von Bordeaux, Burgund und der Touraine, ganz besonders in den Italienern aus Piemont für Kirscharomen. Benzaldehyd war am Beginn des neunzehnten Jahrhunderts das erste Geruchsmolekül, dessen Produktion in einem Labor gelungen ist. Der Wein schuldet das frische Mandelaroma den Stielen und Stengeln der Traube. Darum handelt es sich grundsätzlich einmal um ein Primäraroma. Wenn dessen Intensität mit zunehmendem Alter und einer dezenten Oxydation zunimmt, mutiert es zum tertiären.

Kennen müssen Sie Altesse jetzt trotzdem noch immer nicht,

streng genommen ja nicht einmal die Weinbauregion Savoie. 2150 Hektar – da gibt es ein paar größere, in und außerhalb von Frankreich,

… aber Sie versäumen etwas, wenn Sie sie nicht kennen.

Landschaftlich hängt das natürlich davon ab, wie man zum Ergebnis dieser tektonischen Kollision damals vor gut zwanzig Millionen Jahren steht. Der Rudl ist ja selber ein Kinder der Alpen. Das spürt er, abgesehen von der Gehsteigkante drüben bei der Grillgasse, spätestens immer dann, wenn sie bei der Tour de France nach Alpe d’Huez hinauf radln.
Weinmäßig ist Rudolf Polifka dort in seinem Element. Viel Kalk, mehr Kräuter und Blüten als Früchte, wenig Alkohol, … und reserviert eigenbrötlerische bis starrsinnige Weinbaumeister, die sich nach einiger Zeit sehr oft als besonders herzliche Narren im positivsten Sinn erweisen.
Ampelographisch gibt Savoyen in Relation zu seiner Rebfläche sehr viel her, aber darüber ist hier schon berichtet worden. Diese Woche widmet Monsieur Polifka der aristokratischen Altesse.

Zweihundertfünfzig Hektar klein und kein bisschen laut

Gut 250 Hektar gibt es und nicht ein einziger davon liegt außerhalb von Savoyen und Bugey, und das obwohl die Rebsorte erst 1366 im Kreuzzuge vom Grafen Amédée VI. aus Zypern nach Savoyen gebracht worden sein soll. Eine Minderheit an Historikern geht noch viel weiter und lässt die Savoyarden noch ein Jahrhundert länger auf die Altesse warten. Sie vermuten diese Reben im Gepäck der Herzogin Anne de Chypre.

Vom „Quartz“ der Domaine d’Ardoisières, hundert Percent Altesse, und den Marestel von Dupasquier, die meistens mit Restzucker ausgebaut werden, wird hier gesondert zu berichten sein.

Altesse von 2008 bis 2013, ein königlicher Pirat

Diese Woche vertikalisiert Caviste Rudolf seine trockene Lieblingsaltesse. Das ist die von den Giachino-Brüdern. Und weil er für den einen oder anderen Jahrgang zu langsam war, ergänzt er die Lücken durch einen 2008er Altesse von Philippe Grisard aus Frétrive, eine 2009er von der Domaine Dupasquier und einen Königlichen Tafelwein MMXII von Josef Umathum, dessen Geschmacksbild einen Vergleich mit Altesse interessant erscheinen lassen sollte.

2010, 2011 und 2013: Altesse Giachino

Die Weingärten von Frédéric und David Giachino stehen auf kalkreichen Gletschermoränen. Spontan vergoren, auf der Feinhefe ausgebaut, bio-zertifiziert.
Quitte, Ananas und Mandel, Anklänge an Zitrusfrüchte, Speiseempfehlung: Langustine und Kokosnuss mit Kardamon
… schreiben die Gebrüder Weinbaumeister:
www.domaine-giachino.fr

2008: Altesse, Philippe Grisard
ähnlicher Boden, konventionelle Bewirtschaftung

2009: Altesse Domaine Dupasquier
Kimmeridge Kalk, westlicher Abhang des imposanten Dent du Chat, zwei Jahre längerer Ausbau vor der Füllung, im Vergleich zu Giachino und Grisard

2012: Josef Umathum Königlicher Tafelwein MMXII
ganz andere Geologie: Schieferböden am Leithagebirge in Jois,
ähnliche Aromatik: Steinobst, Lindenblüten, ähnlich frische Säure, ähnlich niedriger Alkohol – quasi ein Pirat „in disguise“

Diese sechs Weine, aber nicht ausschließlich diese sechs

am Donnerstag, den 11. Juni und am Freitag, den 12. Juni
von 16 bis 22 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

… und drei Tage später, am Montag, den 15. Juni:
Reindorfer Grätzelwalk, vom Schwendermarkt durch die Reindorfgasse bis zur Ullmannstraße – und beim Rudl Gottfried Lamprecht vom Herrenhof Lamprecht mit seinen Weinen

Herr Rudolf wünscht eine hoheitliche Woche und den Quittenbäumen der Frau Venus eine Verschonung vor dem Junifall!

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Salamander oder Exclusiv. Zwei Grauburgunder von der Riegersburg

L 207

Wenn man vom Sattler in Bad Radkersburg, dem wahrscheinlich schönsten Kaffeehaus Österreichs, durch die Süd-Oststeiermark nach Wien fährt und sich in Hatzendorf nicht an die Hinweistafel nach Wien hält, sondern links abbiegt, kommt man bald einmal durch den Ort Riegersburg und an der gleichnamigen Burg vorbei. Nach Wien kommt man dann noch früh genug.

 

Die Welt. Ein Amtsgeheimnis

In diesem Zusammenhang ist es dem Rudl ein Anliegen, darauf hinzuweisen, dass er grundsätzlich nichts gegen Hinweistafeln, Hinweise, Regeln, Gesetze und dergleichen hat. Nur kommt ihm vor, dass sich in letzter Zeit die Hinweise, Anweisungen, Regerln, Regeln und weiß der Kuckuck, hinter was sich die diversen Dampfplauderer und Kontrollneurotiker sonst verstecken, unangenehm häufen.

Wenn man Erklärungen will, kriegt man sie meistens nicht, weil unter Umständen alles zum Amtsgeheimnis wird. Will man aber nur ungestört seine Arbeit erledigen, dann kriechen sie aus ihren Löchern, die Wichtigtuer, die in erster Linie bemerkt werden wollen, beim PISA-Test Länge mal Breite durchgeflogen wären, und verlangen, dass man auch noch die allerblödsinnigsten Banalitäten irgendwo in irgendeine Excel-Datei klopft und dann irgendwohin hochlädt. Am liebsten wäre ihnen vermutlich, dass man sich gleich einen Chip implantieren lässt. Man hat ja nichts angestellt und es ist ja so praktisch …

 

Ceterum censeo, dass man sich an Gesetze halten und Hinweistafeln im Straßenverkehr in der Regel Folge leisten soll. Aber nicht blind. Und nicht der einen Tafel in Hatzendorf. Zumindest nicht, wenn man gerne etwas Schönes sieht.

 

Andreas Tscheppe. Burgweinbau Riegersburg

Früher einmal hat Andreas Tscheppe unter der Riegersburg Weingärten gepachtet und biologisch bewirtschaftet. Irgendwann, vor knapp zehn Jahren, hat er dem Vulkangestein auf der Riegersburg den Rücken gekehrt, um den Böden bei ihm zu Hause in Glanz auf den Grund zu gehen. Die Burgweingärten haben dann Friedrich Hutter und Ferdinand Bernhart gepachtet. Das nimmt Monsieur Polifka zum Anlass, zwei Grauburgunder zu entkorken, beziehungsweise aufzuschrauben.

 

2005 Grauburgunder Salamander, Andreas Tscheppe

 

2010 Grauer Burgunder Exclusiv Terroir Burg, Wein:Gut Buschenschank Bernhart

 

 

Zwei Weine, unterschiedlich bewirtschaftet, einmal biologisch, einmal konventionell.

 

Verlängertes Wochenende

Burgweinhauptmann Rudolf nimmt an, dass doch einige am verlängerten Wochenende dislociert ihrem Tagwerk nachgehen. Darum halst er diese Woche das Weinthema nur den beiden oben genannten Flascherln Grauburgunder auf. Selbstredend werden aber nicht ausschließlich diese beiden Weine kredenzt, auch wenn einer von den beiden so heißt,

 

am Freitag, den 5. Juni

von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22.

 

Am Donnerstag, den 4. Juni ist Fronleichnam und also zu. Am Montag, den 15. Juni findet nicht nur der Reindorfer Grätzelwalk statt, sondern in den Räumlichkeiten des Rudls auch eine Weinpräsentation vom Herrenhof Lamprecht von und mit Gottfried Lamprecht.

 

Herr Rudolf grüßt Sie, wie immer nicht exclusiv, und wünscht ein agreables Wochenende, wie lang auch immer es ist.