Erfolgreich? Eine Predigt

Kinderstube

Herr Rudolf würde sich eher als konventionelles Gemüt bezeichnen. Er hat eine ziemlich traditionelle Kinderstube genossen, wobei unter „genossen“ nicht zu verstehen ist, dass er alles, womit ihn Elternhaus und Schule konfrontiert haben, seinerzeit auch goutiert hat. In seiner Jugend hat sich der Rudl gegen vieles davon aufgelehnt. Seine Eltern und Lehrer haben sich dieser Konfrontation mit größtmöglicher Sturheit gestellt. Lustig und bequem ist das für keine der betroffenen Seiten gewesen. Aber das war auch nicht das Ziel. Und des Rudls Erachtens sollte es das auch heute nicht sein. Die Bildungsexpertinnen und Bildungsexperten dieses Landes sehen das offenbar anders. Monsieur Rudolf ist auf alle Fälle dankbar und froh, dass sich seine Eltern und Lehrer ihm gegenüber nicht wie Bankkundenbetreuer oder Urlaubsanimateure benommen haben.

Ratschläge

Mit Ratschlägen hat der Rudl immer noch seine liebe Not, ganz besonders wenn diese expertenhaft und laut daher kommen. Oder wenn sie gar von seiner angeblichen Interessensvertretung kommen. Vielleicht ist die Vorweihnachtszeit, frei nach einem Intellektuellen dieser Stadt, sowieso eine Zeit fokussierter Peinlichkeit und Hopertatschigkeit. Und wenn Konvolute kaufmännischer Fachnaseweisheiten mit der Grußformel „Erfolgreiche Weihnachten!“ finalisiert werden, fühlt sich der Rudl, als hätte er seinen Filzpantoffeln Schopenhauer vorlesen. Nicht dass er von diesen Schoitln theologisches Hintergrundwissen zu Weihnachten erwarten würde. Aber ein Minimum an Dezenz schon. Und dann könnte man sich wenigstens hinter den allgemein gebräuchlichen Floskeln verstecken. Inwiefern soll es denn erfolgreich sein, wenn man sich daran erinnert, dass vor zweitausend Jahren ein kleiner Bamperletsch in allergrößter Not, mehr oder weniger unter freiem Himmel geboren worden ist? Bestenfalls dann, wenn sich zu diesem Anlass das Verständnis breit machen würde, dass jedes Gefasel oder Getue von Gott läppisch ist, solange man es nicht schafft, dem Geringsten seiner Mitmenschen ein Minimum an Respekt, Anstand und nötigenfalls(!) Hilfe entgegenzubringen. Das scheint eher nur bedingt der Fall zu sein. Mit Erfolg im Sinn von hohen Umsätzen hat Weihnachten, wenn man einen Funken davon verstanden hat, schon überhaupt gar nix zu tun.

Und eine goldene Nase verdienen sich zu Weihnachten ein paar Handelsketten in Shoppingkathedralen und Onlinetandler, Kaufgeschäftsbetreiber wie der Rudl schon lang nicht mehr. Für die sind die Wochen vor Weihnachten Zeiten, in denen sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit noch ein bissl deutlicher stellt. Am besten wissen das die Funktionärinnen und Funktionäre in der Interessensvertretung.

Wurscht!

Wenn man die Frage oben sowieso schon nicht positiv zu beantworten vermag, dann ist es eh wurscht, wenn man Weine glasweise offeriert, deren Preise keinen Massenauflauf auslösen. Aber auch das relativiert der Rudl, indem er kommende Woche und am Goldenen Sonntag in den Kategorien weiß, rot, orange und rosé den jeweils teuersten und den jeweils billigsten Wein aus seinem Sortiment glasweise kredenzt. Der Äquidistanz verpflichtet, wie der ORF, nur nicht so wertfrei wie dieser.

Quartz 2012, Domaine des Ardoisières, Cevins, IGP Vin des Allobroges (10/16)

Reinsortige Altesse von einem Schieferterroir, das Michel Grisard und Brice Omont rekultiviert haben. Die Weine sind wahrscheinlich die aufsehenerregendsten, sicher die teuersten in Savoyen.

Zierfandler 2015, Friedrich Kuczera, Gumpoldskirchen, Bergwein (2/3)

Wer Zierfandler mit breiten, platten Weine und zu viel Röstaromen assoziiert, kann das von diesem Südbahnwein der tatsächlich alten Schule in Frage stellen lassen.

Rosso Breg 2004, Joško Gravner, Oslavia, IGT Venezia Giulia (17/26)

Reinsortiger Pignolo aus der Amphore, von einem, wenn nicht dem Amphorenpionier Mitteleuropas.

Pignolo ist vermutlich die spektakulärste autochthone Rebsorte in Friaul. Der Abt Giobatta Michieli bezeichnet den daraus gekelterten Wein im siebzehnten Jahrhundert als „exzellenten schwarzen Wein“.

Die Tannenzapfenform der Beeren war namensgebend. Bis in die Siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts ist diese Rebsorte fast ausgestorben. Zu wenig Ertrag, zu spät reifend und zu kapriziös. Kurz bevor er ganz weg war, hat man mit der Reaktivierung über hundert Jahre alter Rebstöcke begonnen.

Samtige Tannine.

Breg Rosso hat zuerst im offenen Holzbottich, ab 2006 in der Amphore, dann fünf Jahr im Eichenfass und mindestens weitere fünf Jahre in der Flasche gewartet, bevor er angeboten worden ist. Keine Temperaturkontrolle, spontanvergoren, unfiltriert und ungeschönt.

Zweigelt 2013, Biohof Heideboden, Pamhagen (2/3)

Am Rudl seiner Zuneigung zu den Menschen, der Landschaft und den Weinen aus den östlichen und südlichen Bundesländern ändert sich trotzdem nichts.

Rosé vom Opok 2014, Maria und Sepp Muster, Leutschach (3/5)

Eine Premiere. Soweit der Rudl die Weine von Maria und Sepp Muster kennt, der erste Rosé, abgesehen vom Schilcher. 10,5 % Alkohol

Rosé 2013, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOP Vin de Savoie (2/3)

Der Rudl hat vergangene Woche schon darauf hingewiesen, dass 2013 im Fall der allermeisten Rosés nicht der aktuelle Jahrgang ist. Bei dem schon!

Pinot Grigio 2006, Joško Gravner, Oslavia, IGT Venezia Giulia (20/30)

Breg Bianco und Ribolla kennen manche. In ganz seltenen Jahren keltert Monsieur Joško eine Riserva. 2006 zum Beispiel, vom Pinot Grigio, zu dem als Rebsorte hier auch bald wieder einmal mehr zu forschen sein wird. Der Rudl hat selber noch nie das Vergnügen gehabt, so eine Reserve zu kosten. Umso mehr freut er sich, dass er eine ganz kleine Menge von der Pinot Grigio Riserva 2006 Teil seines Sortiments nennen darf.

Amphore, langer Ausbau im Eichenfass, keine Temperaturkontrolle, spontanvergoren, unfiltriert und ungeschönt.

Marius et Simone 2013, Giachino, Chapareillan, Vin de France (4/6)

Dezente Mazeration. Ein Orangewine mit zehn Percent Alkohol und trotzdem nicht aus 2014.

Herr Rudolf ist sich bewusst, dass die jeweils teuersten und billigsten Vertreter aus den Kategorien Schaumwein und Wein mit Restsüße hier fehlen. Diesen beiden Kategoiren wird das Thema der nächsten Woche (21. und 23. Dezember) gewidmet sein.

  • Quartz 2012, Domaine des Ardoisières, Cevins, IGP Vin des Allobroges (10/16)
  • Zierfandler 2015, Friedrich Kuczera, Gumpoldskirchen, Bergwein (2/3)
  • Rosso Breg 2004, Joško Gravner, Oslavia, IGT Venezia Giulia (17/26)
  • Zweigelt 2013, Biohof Heideboden, Pamhagen (2/3)
  • Rosé vom Opok 2014, Maria und Sepp Muster, Leutschach (3/5)
  • Rosé 2013, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOP Vin de Savoie (2/3)
  • Pinot Grigio 2006, Joško Gravner, Oslavia, IGT Venezia Giulia (20/30)
  • Marius et Simone 2013, Giachino, Chapareillan, Vin de France (4/6)

In Klammern zuerst der Preis für ein Sechzehntel, dann der für ein Achtel.

Diese, aber nicht ausschließlich diese acht Weine, sowie das Bräustübl Märzen und den Bräustübl Weihnachtsbock gibt es auch glasweise

am Mittwoch, den 14. Dezember und

am Freitag, den 16. Dezember

jeweils von 16 bis 22 Uhr, sowie

am Goldenen Sonntag, den 18. Dezember von 14 bis 18 Uhr,

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man endlich den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Menschen aus dem Vernichtungslager in Auschwitz, zum europäischen Identitätsfeiertag erklären soll.

Herr Rudolf grüßt alle Forscherinnen und Forscher!