Burgundisch?
Wenn ein Weißwein geadelt werden soll, wird das nicht selten mit einem der missverständlichsten Lokaladjektive der oenologischen Sprache versucht: „burgundisch“. Die ganz sicher seltsamste Kombination zwischen dem Adjektiv „burgundisch“ und einem nicht aus Burgund stammenden Wein ist dem Rudl im Zusammenhang mit einem Welschriesling eines überaus renommierten steirischen Weingutes begegnet. Inwiefern und warum überhaupt soll ein steirischer Welschriesling burgundisch schmecken? Der Rudl weiß es nicht. Nicht so selten stellt sich „burgundisch“ beim Kosten als „holzig“ oder, respektive und „hefig“ heraus. Monsieur Rudolf begeistert sich für Weine, die nach ihrer Herkunft schmecken: ein Irouléguy baskisch, ein steirischer Wein steirisch und ein savoyardischer Wein alpin. So schätzt er einen Wein wie den Pinot gris von der Dankbarkeit überaus, nicht weil er burgundisch, sondern weil er nach Neusiedlersee schmeckt.
Caviste Rudolf erlaubt sich, kommende Woche savoyardische Weine zu kredenzen, bei denen Rebsorten aus Burgund im Spiel sind, die aber alpin schmecken, so wie er sich das vorstellt.
- Perles d’Aimavigne, Domaine Dupasquier, AOC Vin de Savoie (4/6)
Crémant hin oder her, die Dupasquiers haben längst vor der Verleihung des entsprechenden Dekrets einen Schaumwein als Referenz kreiert. Chardonnay und Altesse für die Substanz, Jacquère für die Frische und im Verlauf der Weinwerdung ausreichend Zeit für die Entfaltung von Komplexität.
- 2021 Ceux d’après, Côteaux des Girondales, Villaz, Vin de France (5/8)
jeweils ein Drittel Chardo, Altesse, Jacquère, aber still und vor allem kühl, wobei „kühl“ sich sowohl auf das Jahr als auch auf die Lage bezieht
- 2019 Chardonnay, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOC Vin de Savoie (3/5)
Den Chardonnay von den Dupasquiers hat der Rudl immer ein bissl stiefväterlich behandelt, weil er halt Jacquère und Altesse sehr gerne hat. Aber dieser Chardonnay ist in seiner Unverwechselbarkeit ein ampelographischer Hinweis darauf, dass Burgund ganz nahe ist, ein Chardonnay deshalb aber trotzdem äußerst eigenständig schmecken kann und weder mit einem von der Côte d’Or noch mit einem aus dem Jura verwechselbar sein muss. Der Rudl meint eher noch eine Affinität zwischen dem Chardonnay von den Dupasquiers und manchen Chablis zu schmecken, und Chablis ist jetzt geographisch wieder viel weiter weg als Meursault und Arbois:
- 2023 Naxide, Domaine les Cortis, Andert et Condon, Vin de France (5/8)
noch näher bei Burgund und noch näher beim Jura. Trotzdem schwer verwechselbar, was freilich auch am Altesse-Anteil liegen wird
- 2023 Argile Blanc, Domaine des Ardoisières, Fréterive, IGP Vin des Allobroges (6/9)
Vierzig Percent Chardo, vierzig Jacquère, zwanzig Mondeuse blanche; geschieferter Mergel, pickelharter schwarzer Schiefer und Ton; Ausrichtung Westen – abgesehen vom Chardonnayanteil dann schon gar nix mehr mit Burgund gemeinsam
- 2024 Giac Potes, Domaine Giachino, Chapareillan, AOC Vin de Savoie (4,50/7)
Gamay ist in Burgund die zweite der zwei zugelassenen Rebsorten und auf gar keinen Fall mit einem Beaujolais Primeur verwechselbar.
Donnerstag, 11. September von 17 bis 21 Uhr
Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22
Im Übrigen ist der Rudl der Meinung, dass der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz, zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden muss.
Rudolf Polifka grüßt alpin!
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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien