In und nicht so in
Es gibt Rebsorten, die sind einmal in und dann wieder out, Chardonnay und Sauvignon Blanc zum Beispiel. Und es gibt Rebsorten, die sind nie richtig in, Müller Thurgau oder Blauburger. Und dann gibt es ein P(!)aar, das scheint immer gefragt zu sein: Pinot Noir und Riesling.
Rebsortentrendforscher, bitte melden!
Warum das so ist, das ist für den Rudl selber ein Mirakel. Er geht zwar eher nicht davon aus, dass sich ein Trendforscher unter den Adressaten dieser Zeilen befindet. Falls doch, würde ihn eine Kurzexpertise schon interessieren. Zuerst hat der Herr Rudolf ja geglaubt, dass die immerwährende Beliebtheit von Riesling und Pinot Noir mit deren weltweiter Verbreitung zusammenhängen könnte. Aber dann müsste der Chardonnay ja auf der ganz, ganz sicheren Seite sein. Der scheint jedoch erst langsam und mühsam aus seinem Popularitätstief der letzten Jahre wieder heraus zu kraxeln.
Und dass die gewogene Haltung dem Riesling gegenüber mit seiner späten Reife und damit einer relativen Resistenz gegen den Klimawandel zu tun haben könnte, ist auch nur bedingt erklärend. Da müssten Furmint und Petit Manseng ja auch boomen wie nur irgendwas.
Pantheon
Wenn es nach Arômes du Vin aus dem Hachette-Verlag geht, hat der Riesling Zugang zum Pantheon der Rebsorten, zumindest dann, wenn er von den steilen Schieferlagen an der Mosel kommt. Demnach sind hohe Säure und niedriger Alkohol die ausschlaggebenden Kriterien. Ob das der liegende Achter auch gelesen hat?
Mineralik und des Weana Gmiat
Weiße Blüten, Pfirsich, Zitrone und – welche Überraschung – Mineralik, zu der man im Reifestadium „Petrolton“ sagt. Die Frau Rudl nennt es „Tankstelle“. Das, sagt man, ist der Riesling.
Sehen Sie, das ist auch wieder wo etwas, was den Rudl interessieren täterte: Mit dem Attribut „mineralisch“ ist man sowieso schnell einmal zur Stelle, wenn man einen Wein als besonders hochwertig auszeichnen will. Und Weinen, die auf Urgesteinsverwitterungsböden wachsen, sagt man die Mineralität ja fast toposartig nach, wie den Wienern die Gemütlichkeit. Aber hat das die Wissenschaft einmal untersucht? Oder leben diese Wahrheiten von ihrer Wiederholung? Und dann könnte man natürlich auch noch hergehen und die positive Konnotation von Mineralität und Gemütlichkeit zur Diskussion stellen.
Monarchen der Ampelographie
Monsieur Rudolf würde sich weder als Urgestein noch als gemütlich bezeichnen. Aber dafür kann der Riesling ja nix. Drum stellt der Rudl diese Woche unter das Motto des Königs der Weine.
Und damit es ein bissl ein Querschnitt wird, diversifiziert Herr Rudolf auf drei Staaten.
Domaine Ostertag, Riesling Heissenberg, AOC Vin d’Alsace 2010
Dass Heissenberg der Lieblingselsässer Riesling von Monsieur Rudolf ist, das kann er seriöserweise nicht behaupten, denn dazu kennt er zu wenige Rieslinge aus dem Elsass. Aber dass Ostertag der unumstrittene Lieblingswinzername vom Rudl ist, da fährt die Eisenbahn darüber.
Heissenberg ist ein steiler Abhang über der Ortschaft Nothaltern, eine silikatreiche Mischung aus rotem Sandstein und Gneis. Winzermeister André Ostertag bezeichnet seinen Riesling Heissenberg als „Vin de Pierre“, weil keine anderer Rebsorte Mineralität und Hitze der Lage so präzise respräsentiert.
Auch ein passabler Name für eine Winzermeisterei ist:
Forstmeister Geltz, Saarburg Rausch, Erste Lage, Riesling Kabinett, Mosel 2011, feinherb,
laut Gault Millau bester deutscher Kabinettwein des Jahrgangs.
Bis zu zehn Meter weit wurzeln diese Rieslingstöcke in mittelgrauen, feinblättrigen Devonschiefer und vulkanisches Eruptionsgestein hinein. Einzigartige Kombination aus niedrigem Alkohol (8 Prozent), prägnanter Säure und natürlicher Restsüße – Limetten, Rosmarien und Stein.
Josef Salomon, Riesling Reserve Rabenstein, Falkenstein, Weinviertel 2012, lieblich
Caviste Rudolf weiß, dass untrockene Weißweine uncool sind und so langsam weggehen wie trockene, steinharte Semmeln, aber egal. Monsieur Salomon lässt so wie sein Vater und wahrscheinlich auch dem sein Vater die Weine gären. Und wenn sie nicht mehr gären, dann gären sie nicht mehr und dann gibt es auch keine Reinzuchtnachhilfe und keine Würschtel. Dann ist der Wein, so wie er ist. Monsieur Polifka mag das. Und in Sachen Haltbarkeit muss Josef Salomon niemandem mehr etwas beweisen, gerade beim Riesling nicht.
Josef Zens, Rheinriesling Spätlese, Mailberg, Weinviertel, 1999, halbtrocken
Kalkhaltige Lehm- und Lössböden bringen im Mailberger Kessel individuelle Weine hervor. Ob das mehr am Kalk oder an der Kessellage liegt, ist schwer zu sagen. Auffällig ist schon, dass viele auffällig gute Weine aus dem Weinviertel auf den dort eher nicht so zahlreichen kalkhaltigen Böden wachsen, ob das am Ziersdorfer Köhlberg bei Leo Uibel, in Falkenstein bei Josef Salomon oder in Mailberg ist.
Karl Schnabel, Riesling, Sausal, Südsteiermark, 2011, orange
So viele orange Rieslinge gibt es gar nicht. Der vom Herrn Karl wächst auf Urgesteinsverwitterungsböden, hoch oben in Kitzeck. Karl Schnabels Zugeständnis an die Weißweinwelt.
Kein zugesetzter Schwefel, kein Filtrieren, keine Insektizide, Herbizide, Fungizide, Mineraldünger und wie der ganze Zauber sonst noch heißt. Dafür Baldrian, Brennesseln, Ackerschachtelhalm, Karstheindl zur Bodenlockerung, Sense und Hinterwälder Rinder zum Mähen, Steinhaufen und Wasserstellen für Reptilien.
Weingut Schmidl, Riesling Küss den Pfennig Smaragd, Wachau, 2013
Riesling aus der Dürnsteiner Kleinriede am Kellerberg. Wer wissen will, wodurch sich Bioweine von konventionellen Weinen geschmacklich unterscheiden, dem rät Caviste Rudolf, jetzt in die Wachau zu fahren und 2014er zu vergleichen.
Hirtzberger, Riesling Singerriedel Smaragd 2000
Riesling aus den alten Steinterrassen, die seit etwa zwanzig Jahren Schritt für Schritt wieder aufgebaut und rekultiviert werden. Paragneis, Glimmer, Schiefer und erzhaltiges Gestein.
Diese sieben Könige, aber wie fast immer nicht ausschließlich diese Weine gibt es glasweise
am Donnerstag, den 25. Juni und am Freitag, den 26. Juni
von 16 bis 22 Uhr
in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22.
Nachrichten aus dem Flaschensortiment
Ab sofort sind Buchertberg Weiß 2013 und Schrammelberg 2013 vom Herrenhof Lamprecht verfügbar.
Herr Rudolf grüßt ungeachtet allfälliger Popularitätsschwankungen die Gemütlichen gerade so wie die Ungemütlichen!