Hégoxuri-Vertikale und Morillon „Salamander“ 2022 von Andreas Tscheppe, Dienstag, 28. Mai, 16 bis 20 Uhr

Ein Name als oenologisches Programm

Die Domaine Arretxea heißt auf Deutsch übersetzt „Weingut Steinhaus“. Übersetzt kann man diese drei Wörter als oenologisches Programm des

Weinmeisters lesen.

 

Wein – gut

Dass ein Wein sich nicht zuletzt durch die Eigenschaft gut auszeichnen soll, ist eine Erwartung von eingeschränkt kontroversiellem Gehalt. Dass ein guter Wein keine ganz relative Angelegenheit ist, werden aber zumindest Postmodernistinnen und Sophisten bestreiten. Der Rudl sieht sich als Religionsschulmeister da viel zu sehr in der Tradition der sokratischen Aufklärung, als dass er dem postmodernen, sophistischen und irrationalen Getöse der Wer-laut-und-impertinent-ist-hat-Recht-Bewegung folgen würde. Da mag das Spektakel noch so groß sein, die Follower noch so viele und die Kommunikation noch so berechnend sein. Für den Rudl gibt es Kriterien des Wahren, Guten und Schönen, im Leben wie beim Wein. Vielschichtigkeit, Harmonie, Dezenz, Struktur und ein Reifungsverlauf, der den Wein verändert, ohne ihn müde, alt oder fad dastehen zu lassen – das ist am Gaumen vom Rudl ein guter Wein. Diesbezüglich lässt Hégoxuri von der Domaine Arretxea dem Rudl nichts zu wünschen übrig. Darum ist die Domaine Arretxea für den Rudl ein Weingut, dessen letzte drei Buchstaben wörtlich zu nehmen sind.

 

Stein

Je mehr Weine als mineralisch bezeichnet werden, desto weniger versteht der Rudl dieses Wort. Er verwendet es auch nicht. Dass Weine nach aneinander geschlagenen Steinen riechen können, ist dem Rudl empirisch nachvollziehbar. Gar nicht selten sind das jene Weine, die ihm besonders gut schmecken. Und dann gibt es Weinbauern, die sich ganz besonders intensiv für die geologischen Gegebenheiten in ihren Weingärten interessieren. Josef Mantler ist so einer. Josef Maier ist auch so einer, Josef Umathum auch, Josef Muster detto … und Michel Riouspeyrous auch. Sein Weingut wird er trotzdem „Haus aus Stein“ genannt haben, weil es nicht aus Fertigbeton, sondern aus Steinen der Pyrenäen gebaut ist. Konsequenterweise geht es ihm um das Gestein am Grund seiner Weingärten. Seine Schafe dürfen zur Oberflächenbehandlung nach der Lese in die Weingärten. Aber alles, was darüber hinaus an künstlicher oder natürlicher Wachstumsförderung zur Diskussion steht, kann dem ansonsten eher stoischen wirkenden Weinmeister die Zornesröte ins Gesicht treiben. „C’est pas le terroir!“ … und was sich reimt, ist gut, wie Prof. Pumuckl herausgearbeitet hat.

 

Haus

Zuguterletzt erscheint dem Rudl dieses Wort nicht unwesentlich. Mit der Vorstellung, dass sich Wein im Weingarten „quasi eh von selber“ mache, kann der Rudl nicht viel anfangen. Sein Faible für biologischen Wein hat er im Jahr 1992 vor einer Weinflasche von Franz Steindl aus Purbach entdeckt. Seither hat der eine oder andere Tropfen Biowein den Gaumen vom Rudl passiert. Anfangs konnte man sich als Freund von biologischen Weinen noch als missverstandener Visionär fühlen und stolz sein. Irgendwann nach der Jahrtausendwende hat der Wind dann gedreht. Und mit Änderung der Windrichtung des Zeitgeistes scheint sich eine Stimmung, dass Biowein mehr oder weniger eh jeder produzieren können, wenn nicht sogar von selber entstehe, breitgemacht zu haben. Dass biologischer Wein sich von industriellem vor allem durch einen ganzen Batzen zusätzlicher anstrengender Arbeit unterscheidet, das spielen manche Ayatollahs der Naturweinbewegung gerne herunter. Der Rudl tendiert zur Einschätzung, dass man einen guten Wein im Weingarten zwar verhindern, aber nur im Haus, respektive Keller erzeugen kann. Und mit „erzeugen“ meint der Rudl nicht den Einsatz des Chemiekastens, sondern Akribie, Erfahrung, naturwissenschaftliches Wissen um physikalische und chemische Prozesse, die sich von der Lese bis zum Verkauf abspielen, und vor allem einen ganzen Haufen zusätzlicher Arbeit und Aufmerksamkeit. Wein ist ein Kulturprodukt. Das war er zur Zeit der Abfassung des Noah-Mythos, das ist er und das wird er bleiben.

 

Vertikale Hégoxuri

Bei der letzten Hégoxuri-Veritkale hat Ihnen, geneigte Oenologin, gewogener Oenologe, der Rudl die Jahrgänge 2005, 2008, 2011, 2014 und 2019 zum Studium vorgesetzt. Keinen davon werden Sie dieses Mal vorfinden. Damals war 2019 der aktuelle Jahrgang im Sortiment der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils. Inzwischen ist ein neuer Jahrgang aus dem Baskenland in Reindorf eingetroffen. 2021. Das nimmt der Rudl zum Anlass, eine ganz andere Vertikale desselben Weins aufzumachen.

  • Salamander 2022, Elisabeth und Andreas Tscheppe, Glanz an der Weinstraße, Steirerland (8/12) … als Gast
  • Hégoxuri 2021, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (6,50/10)
  • Hégoxuri 2017, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (7/11)
  • Hégoxuri 2015, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (7/11)
  • Hégoxuri 2009, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (8/12)
  • Hégoxuri 2007, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (8/12)

… und von fast allen anderen Chardonnays gibt es auch noch etwas. Nur die Salamander Reserve 2021 von Andreas Tscheppe ist glasweise nicht mehr verfügbar.

Dienstag, den 28. Mai von 16 bis 20 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils,

Reindorfgasse 22

 

Im Übrigen ist der Rudl der Meinung, dass der 27. Jänner, der Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Konzentrationslager Auschwitz, zu einem gesamteuropäischen Feiertag erklärt werden muss.

 

Behetik gora!

 

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien