Mondeuse aus der Chautagne. Wo die Reblaus selber waach wird …

Der Rote in der purpurenen Panier

 

Der Rudl hat Ihnen, gewogene Oenologin, geneigter Oenologe, schon das eine oder andere Mal von Jacques Maillet, dem Weinmeister mit dem Schnurrbart erzählt. Oft ist es dabei um Jacquère oder Altesse gegangen. Das hat viel damit zu tun gehabt, dass Herr Rudolf diese beiden Weine selber ganz besonders gerne trinkt. Meister Jacques selber hält seine Roten und da ganz besonders die Mondeuse für seine Stärke.

Das hat wiederum viel damit zu tun, dass die Chautagne neben Arbin und Cruet ein Rotweinterroir, um nicht zu schreiben eine „Rotweininsel“, im weißweindominierten Savoyen ist. Es hat auch damit zu tun, dass

Jacques Maillet selber lieber Rotwein trinkt und also macht. Am meisten hat es aber damit zu tun, dass die Weingärten von Monsieur Jacques eine Besonderheit aufweisen, nämlich einen Fleck mit mit über hundert Jahre alten, wurzelechten Stöcken der Mondeuse. Jetzt ist die Chautagne von pickelhartem Sandstein geprägt. Und an dem beißt sich sogar die Reblaus die Zahnderl aus. Viel gewogener kann einem Weinbaumeister ein Weingarten nicht sein. Dazu kommt, dass diese Stöcke sehr wenige, was für das Alter dieser Rebstöcke nicht so außergewöhnlich ist, aber auch äußerst locker- und kleinbeerige Früchte tragen. Das alles zusammen ganz passable Voraussetzungen für einen extraordinairen Wein.

 

Mondeuse

 

Im ersten Jahrhundert nach Christus schwärmt Plinius der Ältere über eine Rebsorte namens „Allobrogicae“. Ziemlich sicher hat er damit Mondeuse gemeint. Aber die Schwärmerei war mit einem Wermutstropfen versetzt. Denn der Versuch, Mondeuse in der Umgebung von Rom auszupflanzen, bringt nicht die erhofften Resultate und die Savoyarden zum Schluss, dass sich die Mondeuse nicht gerne deplaciert. Das nützen dann die Mönche von Cluny. Die sind sonst nicht die besten Freunde vom Rudl, aber der Lac du Bourget hat offenbar auch ihnen gefallen und sie haben dort ab dem zehnten Jahrhundert Mondeuse forciert. Möglicherweise fühlt sich die deshalb heute noch in der Chautagen am nördlichen Ende des Lac du Bourget und auf den Kalkgeröllhängen um Arbin ganz besonders wohl.

Die Trauben sind dunkelblau bis schwarz und herb, in vinifizierter Gestalt tendieren sie zu Purpur.

Zimt, Pfeffer und schwarze Trüffeln werden mit ihr immer wieder assoziiert. Sie ist kräftig. Das bezieht sich auf die Tannine und aber schon so etwas von nicht auf den Alkohol.

 

Eine Rebsorte als Antithese

 

In ihrer Jugend macht die Mondeuse, woran sich die eine oder der andere in der U-Bahn gelegentlich ein Beispiel nehmen könnte, wenn es nach dem Rudl geht. Sie gibt sich verschlossen. Will man mehr von ihrem Charme, muss man sie ein paar Jahre im Keller vergessen. Kaum ein Wein scheint in einem derartigen Ausmaß seine Wurzeln zu repräsentieren. Auf den ersten Schluck karg und barsch, ein Alm-Öhi als Wein. Hinter den Tanninen entpuppt sich, hat man Geduld, ein Batzen Energie und ein Feuer, das sich gewaschen hat.

Dreihundert Hektar sind mit Mondeuse bestockt. Was das Reifwerden der Trauben betrifft, kann man sie nicht als Hudlerin bezeichnen. Bis Anfang November kann sich das ziehen. Der alte Plinius weist darauf hin, dass die Mondeuse im Schnee reif wird. Wäre sie da nicht so dickhäutig und resistent gegenüber Fäulnis jeder Art, hätte sie ordentlich den Scherben auf. Vielleicht hat man sie deshalb in den Fünfziger Jahren herausgerissen, um Platz für Gamay zu machen.

Verwandtschaftlich betrachtet ist Mondeuse Noire ziemlich sicher genauso wie Syrah, Roussanne, Viognier, Altesse oder Marsanne ein Kind der Mondeuse Blanche.

 

2015

 

Nach den Jahrgängen 2012, 2013 und 2014, für die „schwierig“ auch in Savoyen ein Euphemismus ist, war der Fünfzehner ja fast schon ein Antijahrgang: gesunde, vollreife Trauben, Niederschlag zu den richtigen Zeiten und im richtigen Ausmaß, kaum Oidium und Meltau, dazu passable Mengen. Präzision im Saft schon beim Pressen.

 

2013

 

Da ist der Rudl befangen. Aber das ist wurscht. Der kalte und niederschlagsreiche Winter hat den savoyardischen Rebsorten keine grauen Federn wachsen lassen. Auf den sind sie eingestellt. Auf einen furchtbaren Frühling wie 2013 nicht. Ein heißer Sommer bedeutet auch in Savoyen ein erhöhtes Hagelrisiko. Die Trauben, die im September das Handtuch immer noch nicht geworfen hatten, haben bei der Lese nicht durch Pünktlichkeit geglänzt, erwiesen sich in qualitativer Hinsicht aber als äußerst kompetent, ausgeglichen und gesund. Nur waren sie halt nicht besonders zahlreich.

 

2010

 

Auf einen kalten, niederschlagsreichen Winter folgt ein sonniger, aber nicht besonders trockener Frühling. Der Sommer erweist sich hinsichtlich heißem und kühlem Wetter als um Ausgewogenheit bemüht, caniculairer Juli, reifebremsender August. Soweit kennt man den Jahrgang 2010 auch in Österreich. Im September ist das Wetter in Frankreich dann aber abgebogen. Während es in manchen Gegenden Österreichs viel geregnet hat, war es fast in ganz Frankreich sonnig. In Savoyen darüber hinaus auch recht frisch in der Nacht. Nicht die allerungünstigsten Voraussetzungen für einen formidablen Jahrgang, in besonderem Maß bei spätreifenden Rebsorten.

 

Die folgenden Weine

  • Mondeuse 2015, Cellier des Pauvres, Serrières-en-Chautagne, Vin de Savoie (5/8)
  • Mondeuse 2013, Cellier des Pauvres, Serrières-en-Chautagne, Vin de Savoie (5/8)
  • Mondeuse 2010, Cellier des Pauvres, Serrières-en-Chautagne, Vin de Savoie (6/9)

Des mid da Mutter …“

  • Mondeuse Blanche 2012, Dupasquier, Aimavigne, Vin de Savoie (2,50/4)
  • Mondeuse Blanche 2011, Dupasquier, Aimavigne, Vin de Savoie (2,50/4)

und im Sinne der Gendergerechtigkeit ein autochthoner Roter aus Savoien

  • Persan 2015, Giachino, Vin de Savoie (4/6)

     

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

 

aber selbstverständlich nicht ausschließlich diese Weine kredenzt der Rudl glasweise

 

am Mittwoch, den 7. Juni und am Freitag, den 9. Juni

jeweils von 16 bis 22 Uhr

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

 

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

 

Vorschau auf die Lehrveranstaltungen vom 14. und 16. Juni:

Jacquère gegen Sauvignon Blanc – das ist Brutalität. Der ultimative Rebsortenvergleich zwischen einer der weltweit verbreitetsten Rebsorten und einer der am seltensten angepflanzten in drei Kategorien:

  • jung: Maillet v Les Vignes de Paradis (Dominique Lucas)
  • reif: Giachino v Dagueneau
  • orange: Giachino v Muster

auf zwei gewonnene Sätze.

 

Herr Rudolf grüßt Reben, Rebläuse und den Rest der Welt!