Irouléguy gegen Jurançon, das ist Brutalität.

Zuerst einmal im Sinne der Ausgewogenheit und in diesem Fall sogar ernst gemeint

Der Rudl denkt gerne nach. Auch wenn er etwa diese Zeilen schreibt. Zuerst schreibt der Rudl. Das geht manchmal irgendwie wie von selber. Da muss das heraus, fast ein bissl kathartisch. Dann denkt der Rudl nach. Manchmal sind diese Zeilen schon abgeschickt und dem Rudl fällt noch etwas ein, eine Präzisierung, ein anderes Vokabel, eine Steigerung, eine Abschwächung oder halt irgendetwas. Gscheit ist diese Reihenfolge nicht. Das hat der Rudl nie behauptet.

Vergangene Woche hat der Rudl zum Ausdruck gebracht, dass es ihm schwer falle, Vulgäratheismus ernst zu nehmen und letzteren auch der Schmähfreiheit bezichtigt. Der Vollständigkeit halber möchte der Rudl ergänzen, dass es sich für ihn etwa mit Vulgärkatholizismus gerade genauso verhält. Herr Rudolf meint, die Vertreterinnen und Vertreter desselbigen daran zu erkennen, dass sie da und dort ein Kreuz im öffentlichen Raum fordern und die Frage, was ein Kreuz für sie bedeute, mit einem „Weil das bei uns so der Brauch ist“ quittieren. Der Rudl fragt sich dann, warum sie nicht eine Lederhose aufhängen.

Und noch etwas

Angeblich kritische Medien haben einander letzte Woche rund um den zehnten Todestag von Jörg Haider in der Kategorie Affentheater überboten. Der 10. Oktober ist auch der Todestag von Günter Brödl. Um den wird kein Trara gemacht. Wahrscheinlich passt das zum Trainer.

Am 10.10.2010 ist die Würdigung des zehnten Todestages von Günter Brödl deutlich dezenter ausgefallen. Aber er, der Trainer, hat, wie es Franz Deckenbach auf seiner Homepage www.espressorosi.com unüberbietbar auf den Punkt bringt, „das Leben vieler Menschen zum Positiven verändert“.

So viel Zeit und Raum muss schon sein!

Wein

Dass die Appellation Irouléguy am Fuß der französischen Pyrenäen eine der Lieblingsappellationen vom Rudl werden würde, hat der gewusst, noch bevor er hingefahren ist. Das mit der abfälligen Bemerkung von James E. Wilson hat Ihnen Caviste Rudolf schon erzählt.

Jurançon hat Herr Rudolf erst zwei Jahre später für sich entdeckt. Vielleicht ist das der exponierteren Lage von Irouléguy geschuldet. Vielleicht auch dem höheren Prestige, das den Weinen des Jurançon zugeschrieben wird. Die Geologie von Irouléguy ist vielfältiger als die „poudingues“ des Jurançon. Letztere sind Steinbrocken, die sich auf dem Wasserweg im Gave aus den Pyrenäen heraus nach Norden deplaciert haben.

Ein Vergleich

Diese Woche lässt Caviste Rudolf jeweils drei Winzer der beiden Appellationsnachbarinnen gegeneinander antreten. Weißweinrebsorten haben sie dieselben, Irouléguy erlaubt auch Rotweine, Jurançon genau genommen nur Süßweine, aber es gibt eine eigene Appellation Jurançon sec für trockene.

Das Jurançon

ist die zweitsüdwestlichste Weinbauappellation Frankreichs. Sie befindet sich im Süden und Westen von Pau.

Irouléguy

ist kleiner, geologisch aber vielfältiger als Jurançon.

Domaine Ilarria

Peio Espil ist ein Freund der Archäologie und der Kunst. In seiner Jugend hat er für eine NGO, die sich um Flüchtlinge zwischen Äthiopien und Somalia gekümmert hat, und im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung von Entwicklungsländern und Wüstengebieten gearbeitet. 1987 ist er dann ins Baskenland zurück gekommen. Um diese Zeit hat in Irouléguy das Bewusstsein, es mit einem einzigartigen Terroir zu tun zu haben, eingesetzt. Michel Bourgignon hat die von seinem Vater gegründete Genossenschaft übernommen, Etienne Brana begonnen, höhere und steilere Lagen zu terrassieren, junge Weinbauern neu ausgepflanzt. Monsieur Espil hat 0,75 Hektar Weingarten von seinem Vater übernommen und dann jedes Jahr einen Hektar gesetzt. Jetzt sind es acht, der Großteil davon auf Kalk, ausschließlich die zu Rosé vinifizierten Tannat und Cabernets auf Schiefer.

Heute liest Peio Espil gerne Masanobu Fukuoka, auf Englisch.

In seinen Weingärten resultiert daraus die Rückkehr der natürlichen Begrünung. Keine Bodenbearbeitung, abgesehen von jener der Schafe. Das begrenzt den Hektarertrag auf fünfundzwanzig Hektoliter, wird ab dem siebten Jahr aber ziemlich interessant. Schwefel nur bei der Füllung, und da minimal. Der Irouléguy Rouge sans sulfites ajoutés muss den Abfüllvorgang ganz ohne fremde Schwefelassistenz derpacken.

Seltene Koalition von Sauberkeit und Fülle als Resultat.

Domaine Arretxea

Der erste nicht-litterarische Kontakt des Rudl mit diesem Wein hat 2009 in einer Weinbar in Biarritz stattgefunden. Nicht dass der Rudl diesen Kommentar zu seiner Weinentscheidung gebraucht hätte, hat der Wirt den Hégoxuri als den besten Weißwein des Südwestens bezeichnet.

Auf der Diretissima ist Michel Riouspeyrous nicht zum Wein gelangt, obwohl sein Opa auch Weinbauer gewesen ist. Die europäische Landwirtschaftspolitik ist schon in den Achtziger Jahren nicht das, was der Rudl als „zukunftsträchtig“ bezeichnen würde, gewesen. Sie hatte den Betreibern gemischter Landwirtschaften wie den Eltern von Michel Riouspeyrous nahegelegt, auf Viehzucht zu setzen. So oder so, hat der junge Riouspeyrous landwirtschaftliche Studien aufgenommen, ist dann ein Zeitl zwischen Argentinien und dem Senegal herumgestudienreist, um zuerst einmal Lehrer für landwirtschaftliche Fächer zu werden, immer noch geprägt von der produktivistischen Dogmatik. Eines Abends ist er dann von der Schule nach Hause gekommen, hat seine Schultasche einer anderweitigen Wiederverwertung zugeführt und die Konsequenz gezogen: Wein bei Null beginnen, materiell und erfahrungstechnisch. Letzteres sollte sich langfristig als Vorteil erweisen. 1993 der erste Rote, vier Jahre später der erste Hégoxuri. Gleichzeitig kommt seine Frau Thérèse aus dem Elsass auf das Weingut. Kontakte zum Geologen Yves Herody, Didier Dagueneau, 1998 Biodynamie in einer unideologischen, undogmatischen und regionalisierten Variante. Immer noch auf der Suche, das Potential seiner Weingärten ganz auszuschöpfen.

Domaine Améztia

Die Costeras sind Schafbauer und als solche Hersteller eines großartigen Ossau-Iraty. Wein machen sie auch. Den Roten und den Rosé kann man manchmal ab Hof sogar kaufen. Für den Weißen braucht man den sehr gut sortierten Fachhandel vor Ort und gute Freunde, die diesen aufsuchen.

Domaine de Souch

Yvonne Hegoburu ist es gewesen, die Didier Dagueneau davon überzeugt hat, dass man da unten gute Weine machen kann.

Gros Manseng

Auf Baskisch heißt er „Izhiriota“. Er ist für die Quantität zuständig. Der falsche Mehltau ist nicht sein bester Freund.

Petit Manseng

Izkiriota Itipia, ist ertragsschwach, kleinbeerig und dickschalig, kann deshalb lange am Stock hängen und viel Zucker bilden. Anklänge an Zimt, exotische Früchte, Honig und reifen Pfirsich gehen auf seine Rechnung.

Petit Courbu,

Xuri Zerratia, ist fast immer in der Minderheit, noch ertragsschwächer als der Petit Manseng, aromatisch dafür noch feiner.

Tannat

Bezeichnenderweise versteht man unter Tannat nicht nur die Rebsorte, sondern auch die Salze im Tannin. Seinerzeit hat man viel mehr Tannat reinsortig ausgebaut. Vielleicht haben die Menschen früher mehr Geduld gehabt. Denn trinken hat man das meistens erst nach zwanzig Jahren können. Heute ist fast immer ein mehr oder weniger kleiner Anteil an Cabernet Franc oder oder und Cabernet Sauvignon dabei. Direkt jungweintauglich macht ihn das aber auch nicht.

Gesundheit!

 

Vielleicht gilt Tannat deshalb als gesündester Rotwein der Welt, weil er mehr zum Aufheben als zum Trinken da war.

Die Forscher sehen andere Gründe: Kein anderer Wein entwickelt so einen Haufen an Procyanidin wie Tannat, viermal so viel wie jeder andere Rotwein, zumindest wenn er traditionell gekeltert wird und also drei bis vier Wochen auf der Maische steht – manchmal auch ungerebelt – und dann im alten Holz ausgebaut. Die Tannats aus Uruguay tun das in der Regel nicht, die aus den Pyrenäen, vor allem die aus Madiran und Irouléguy schon. Procyanidin beugt Herz- und Kreislauferkrankungen vor und fängt Radikale.

Heute versucht man die Typicität der Rebsorte zu erhalten, aber seine Trinkreife zu beschleunigen. Dort wo das gelingt, hat man reife und runde Tannine und Aromen nach schwarzen Beeren, Mirabellen und Brombeeren.

  • Jurançon sec „La Part Davant“ 2013, Camin Larredya, AOC Jurançon sec, Sud Ouest (4,50/7)
  • Jurançon sec 2011, Domaine de Souch, AOC Jurançon sec, Sud Ouest (5/8)
  • La Magendia 2005, Clos Lapeyre, AOC Jurançon, Sud Ouest (6/9)
  • Eztia 2013, Domaine Ameztia, Saint Etienne de Baigorry, AOC Irouléguy, Sud Ouest (4,50/7)
  • Irouléguy rouge sans sulfites ajoutés 2012, Domaine Ilarria, AOC Irouléguy, Sud Ouest (5/8)
  • Haitza 2012, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (6/9)

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

selbstverständlich auch billigere Weine gibt es glasweise

am Mittwoch, den 17. und am Freitag, den 19. Oktober

von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Vorschau auf 24. Oktober

vermutlich der Weiße von Ilarria 2010, 2012 und 2013

Wieder einmal nützt der Rudl die Gelegenheit, Sie dazu einzuladen, sich Begleitung für den Wein in die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils mitzubringen. Einen Ossau-Iraty zum Beispiel, oder etwas anderes.

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

Gizon Rudolf zuen Ohore! … oder so ähnlich

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Öffnungszeiten: Mittwoch und Freitag, 16 bis 22 Uhr, an Schultagen

kostenlose und CO2-minimierte Zustellung innerhalb von Wien ab einem Bestellwert von 57