Fingerabdrücke und Steine. Malvazija von Čotar, Vertikale 2001 bis 2015 mit dem Mut zu einer großen Lücke

Zweimal hinzuschauen kann enttäuschen, aber einen Sinn haben

 

Den Fingerabdruck am Etikett der Weine von Branko und Vasja Čotar hat der Rudl am Anfang flüchtig für einen Stein gehalten. Als sich die vermeintlichen Steine am Etikett bei genauerem Hinsehen als Fingerabdrücke erwiesen haben, war der Rudl ein bissl enttäuscht. Zum Glück hat Monsieur Rudolf da schon gewusst, wie einzigartig die Weine von Čotar schmecken. Der Fingerabdruck ist längst nicht mehr einzigartig. Viele mehr oder weniger pfiffige Winzer oder Grafiker haben das imitiert. Den Wein imitiert niemand. Das geht nicht. Darum passt der Fingerabdruck, auch wenn dem Rudl Steine besser gefallen als Fingerabdrücke.

Gelesen hat es der Rudl schon, dass es die alten Georgier gewesen sind, die seinerzeit den Naturwein erfunden haben. Dann wird es so gewesen und zur Kenntnis zu nehmen sein.

Getrunken schmeckt Weinpraktikant Rudolf der Weiße von Čotar wie die Orangeweinheit. Dem Idealismus kann der Rudl ja eher in Fragen der Herzensbildung und normativ etwas abgewinnen. Welterklärungs- und -beschreibungstechnisch tendiert er sonst eher zum Materialismus. Bei Vitovska, Malvazija und den letzten Flaschen Sauvignon von Čotar überkommt den Rudl aber so ein Gefühl von Urorangewein im platonischen Sinn. Alles andere erscheint ihm geglücktenfalls als Beispiel für erfolgreiches Lernen, meistenfalls als Imitation, ohne die man es auch gut aushalten könnte.

 

Branko und Vasja Čotar

 

Da könnte der Rudl jetzt viel schreiben, einiges hat er schon geschrieben. Ziemlich imposant findet er den Keller, genaugenommen die Kellergeschoße. Je mehr aus den Trauben Wein wird, desto tiefer geht es hinunter.

Über die Dauer der Mazeration entscheidet der Weinbauer spontan und jahrgangsspezifisch. Über die Fassgröße detto, sie kann von zweihundert bis zweitausend Liter reichen. Über den Verlauf der Gärung entscheiden indigene Hefen spontan. Kein Filter. Wenig Schwefel.

 

Malvazija Istriana

 

Sehr alt, vermutlich aus Griechenland. Reift spät, wächst starkt und liefert hohe Erträge, wenn man sie lässt.

 

Do und duat

 

Genaueres bezüglich Nähe zum oder Distanz vom Frühroten Veltliner, vlg. Malvasier vermag Caviste Rudolf zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Zeilen nicht in Erfahrung zu bringen, weil er sich da in einem Automobil befindet und ebendort einen drahtlosen Zugang zum Datennetz verbittet.

Darüber hinaus hält er Überlegungen in dieser Frage für mittelaufschlussreich, weil er geschmacklich überhaupt keine Anknüpfungspunkte zwischen dem Frühroten im österreichischen Sinn und dem Malvazija im čotarschen Sinn sieht, gerade so wie es ihm bei Weißem Traminer und Savagnin geht.

Für den Fall, dass jemand Vergleiche zwischen Malvazija und Malvasier anstellen möchte, wird der Rudl freilich ein Flascherl Una von Leo Uibel im Refrigerateur bereit halten.

 

Verfügbarkeit

 

Abgesehen vom Zweitausendfünfzehner handelt es sich um Einzelfalschen. Darum kann Monsieur Rudolf nicht garantieren, dass am Freitag zu späterer Stunde noch von jedem Wein etwas da ist. Möglich ist es schon.

 

  • Malvazija 2015, Branko und Vasja Čotar, Kras, Slowenien (5/8)
  • Malvazija 2006, Branko und Vasja Čotar, Kras, Slowenien (6,50/10)
  • Malvazija 2005, Branko und Vasja Čotar, Kras, Slowenien (6,50/10)
  • Malvazija 2004, Branko und Vasja Čotar, Kras, Slowenien (7/10,50)
  • Malvazija 2003, Branko und Vasja Čotar, Kras, Slowenien (7/10,50)
  • Malvazija 2002, Branko und Vasja Čotar, Kras, Slowenien (7,50/11)
  • Malvazija 2001, Branko und Vasja Čotar, Kras, Slowenien (7,50/11)
  • Frühroter Veltliner „Una“ 2015, Leo Uibel, Weinviertel (4/6)

     

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

 

selbstverständlich nicht ausschließlich orangene Weine gibt es glasweise

 

am Mittwoch, den 4. April und am Freitag, den 6. April

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

 

Vorschau auf die Symposien am 11. und 13. April

Ein neuer Winzers im Rudl seinem Sortiment, jetzt aber wirklich:

Les Fils de Charles Trosset. Mondeuse und Roussanne von einem akademischen Geologen aus dem Combe de Savoie

 

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

 

Herr Rudolf grüßt Fingerabdrücke und Steine!