Sauvignon vom Opok, Maria und Sepp Muster. Eine vertikale Offenbarung von Rebsorte, Stein und Zeit

Vorlieben und Rebsorten im Wandel der Zeiten

 

Es hat eine Zeit gegeben, da hat der Rudl überall zuerst einmal einen Sauvignon Blanc gekauft oder getrunken. Das war seine deklarierte Lieblingsrebsorte. Und das war vor zwanzig, fünfundzwanzig Jahren, auf alle Fälle bevor der Rudl gewusst hat, dass Altesse nicht nur ein Hoheitstitel und Manseng keine Reinigungskraft mit iberischen Wurzeln ist.

 

Exkurs

 

Liebend gerne würde Schulmeister Rudolf jetzt über ein paar Seiten entfalten, dass seines Erachtens vermutlich als Aufwertung erdachte Termini wie „Reinigungskraft“ in Wirklichkeit viel beleidigender sind als Wörter wie „Putzfrau“. Aber das würde den gesprengten Rahmen atomisieren.

 

Seismograph Sauvignon

 

Heute kauft und trinkt der Rudl immer noch zuerst einmal den Sauvignon Blanc. Wenn der plaisiert, rechnet Herr Rudolf hoch, dass er bei diesem Weinbauern jeden Wein kaufen kann. Wenn der nach Gummibären schmeckt, geht er davon aus, dass er sein oenologisches Glück dort eher nicht finden wird. Damit ist er immer ganz gut gefahren. Sauvignon Blanc ist für den Rudl eine Art Seismograph im Sortiment eines Weinbauern und längst nicht mehr Lieblingsrebsorte. Dankbar ist er dem Sauvignon aber schon noch.

 

Zurück zu Sauvignon Blanc. Entfremdungen und Ursachen

 

Caviste Rudolf sieht im Prinzip drei mögliche Gründe für das Abhandenkommen seiner Begeisterung für die Rebsorte Sauvignon Blanc im Allgemeinen: Es können sich viele Sauvignon Blancs verändert haben. Es kann sich auch dem Rudl sein Geschmack verändert haben. Ganz ausschließen möchte es Monsieur Polifka auch nicht, dass beides der Fall war. Es ist, wie es ist. Ein verlässlicher Seismographen im Weinangebot eines Winzers ist für Herrn Rudolf aber keine zu unterschätzende Sache.

 

Welt- und Staatsmeister

 

Und in Bezug auf bestimmte Sauvignon Blancs hat sich an der Begeisterung, die ihnen der Rudl entgegenbringt, nichts geändert. Der Sancerre Clos la Néore von Edmond Vatan zählt ganz sicher zu den besten fünf Weinen, die der Rudl jemals getrunken hat. Und für das Aufmerksammachen auf diesen Wein ist er dem Herrn Grafen aus der Erne-Seder-Gasse sakrisch dankbar. Österreichischer Staatsmeister unter den Sauvignonen ist für Herrn Rudolf der Sauvignon vom Opok von Maria und Sepp Muster. Und das jetzt auch schon seit dem Jahrgang 2006, damals noch ohne „vom Opok“ im Namen. Ganz so weit zurück kann er diesen Wein bedauerlicherweise nicht kredenzen, aber eine lückenlose Vertikale von 2009 bis 2014 geht sich aus.

 

Sauvignon vom Opok, Maria und Sepp Muster, Schlossberg

 

Opok ist ein lokaler Ausdruck für Kalkmergel. Der Sauvignon vom Opok wächst am unteren Drittel der steilen Weinhänge von Maria und Sepp Muster.

Anzumerken, dass ein Wein von Sepp Muster nicht filtriert und erst recht nicht von irgendwelchen Zusätzen sekkiert wird, ist lächerlich. Auch in seinem Gärverhalten ist er autonom. Minimale Schwefelzugabe und zwei Jahre im großen Holzfass.

 

Sauvignon vom Opok 2009

 

Ein kühler Winter mit viel Niederschlag. Einen überdurchschnittlich warmen April und einen ebensolchen Mai betrachten die Reben als ausreichendes Motiv, mit der Blüte in diesem Jahr zwei Wochen früher als sonst zu beginnen.

Dann wird es kalt, bald auch nass und Hagel macht sich wichtig. Die zweite Julihälfte, der August und die erste Septemberhälfte versuchen dann, temperaturmäßig gutzumachen, was noch gutzumachen ist. Den Regen dürften andere Dinge mehr beeindrucken, was wiederum zum großen Gaudium von Oïdium und Meltau ausfällt. Ab Mitte September begünstigt spätsommerliches Wetter dann die Lese.

 

Sauvignon vom Opok 2010

 

Der Unterschied zwischen dem Ruf, den der Jahrgang 2010 in Frankreich genießt, und der schlechten Nachrede, die er in Österreich hat, könnte kaum größer sein. Vor allem die Jahrgangsbewertungen für Loire und Bordeaux überschlagen sich förmlich. In Bordeaux hat das zu selbst für Bordeaux ungewöhnlich drastischen Preissteigerungen geführt. Schon 2009 war als Jahrhundertjahrgang ausgerufen worden. Dann ist 2010 gekommen. Da hat man gar nicht anders können, als preismäßig noch einmal ordentlich nachzulegen.

In Österreich liest man über den Weinjahrgang vor allem ein Adjektiv: kompliziert. Bis August ist es ganz passabel, trocken und warm. Im August kommt dann der zuerst ersehnte, dann verfluchte Regen. In manchen Weinbaugebieten wird im Regen gelesen. Der Rudl verliert sicher kein schlechtes Wort über den Weinjahrgang 2010.

 

Sauvignon vom Opok 2011

 

2011 gilt in der Steiermark als besonders guter Jahrgang. Dem Rudl sein Lieblingsjahrgang ist es nicht. Einem Winter, den der Frühling kaum als Herausforderung ernst nehmen kann, folgt ein warmer März. Dem ein extrem warmer April. Ohne ein paar kalte Nächte Anfang Mai und einen dezenten Ausreißer im Juli könnte man den oben erwähnten Witterungsverlauf bis zur Lese fortschreiben. Gesunde, reife Trauben, aber trotzdem nicht dem Rudl sein Goût.

Man hat im Zusammenhang mit dem Weinjahrgang 2011 immer wieder von „gut abgepufferter“ Säure geschrieben. Was das genau bedeutet, dürfen Sie den Rudl nicht fragen. Seinen Verdacht möchte er ihnen trotzdem nicht vorenthalten: Könnte es sein, dass mit „gut abgepufferter Säure“ ein Mangel an Säure gemeint ist?

 

Sauvignon vom Opok 2012

 

Nach dem heißen Jahrgang 2011 hat es der 2012er nicht leicht. Abgesehen davon, dass es weniger Wein gibt, unterscheiden sich dem Rudl seine Geschmackseindrücke vom 2011er nicht dramatisch von denen vom 2012er.

Wieder wenig Schnee. Das ist mittlerweile nicht mehr explizit erwähnenswert. Die Februarkälte aber schon. Der Rudl ist damals durch Fünf- und Sechshaus, Braunhirschen und Reindorf gestreift, auf der Suche nach einem Geschäftslokal. Für die Zeit ab März gilt dann aber wirklich fast alles, was Sie oben über 2011 gelesen oder auch nicht gelesen haben.

 

Sauvignon vom Opok 2013

 

Dem Rudl sein Lieblingsjahr war geprägt von Kontrasten. Jänner und Februar waren niederschlagsreich und kalt. Hundertneunzentimeter Schnee fallen in Bad Radkersburg nicht jeden Februar, eher schon in fast keinem, 2013 aber schon.

In Klöch schneit es zu Ostern. Irgendwann hat aber das sturste Wetter ein Einsehen. 2013 ist das Mitte April. Nur zeigt sich sehr bald, dass die Niederschläge nur eine Pause gemacht haben.

Ein Mai, an dem sich keiner ein Beispiel nehmen muss. Dafür dann eine Affenhitze Mitte Juni, und das obwohl in diesem Jahr überhaupt keine Fußballwelt- oder -europameisterschaft stattfindet. Eine der vielen Arbeitshypothesen vom Rudl besagt ja, dass die Junis in geraden Jahren so affenartig heiß sind, damit man beim Fußballschauen mehr Bier trinkt.

Juli und Augustanfang sind extrem heiß und trocken. Das weiß der Rudl auch noch. Da hat er versucht, das Portal der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils zu streichen. Ab Mitte August legt der Regen los und kompensiert viel. Die Säure erweist sich trotz hoher Reife als passabel resistent, sofern der Lesezeitpunkt nicht verschlafen wird. Es gibt Schlimmeres für die Lagerfähigkeit eines Weines als die Kombination aus Körper und Säure bei vielen Zweitausenddreizehnern.

 

Sauvignon vom Opok 2014

 

Das Ganze fängt nicht gerade zum Vor-Kälte-Bibbern an. Viel zu warmer Jänner, nicht nennenswert besserer Februar. Der März noch wärmer. Irgendwie möchte man meinen, das warme Wetter habe damit sein Pulver verschossen. Der April ist wenigstens noch warm, aber verregnet. Da sind die Reben vegetationstechnisch noch zwei bis drei Wochen vorn. Im Mai ist es dann nicht einmal mehr warm. Und dann versucht sowieso nur mehr jeder Monat, seinen Vorgänger in der Kategorie Sauwetter in den Schatten zu stellen. Die konventionellen Vierzehner dürften eine Spur gesünder sein als die konventionellen Weine aus anderen Jahren, weil der permanente Regen die sogenannten Pflanzenschutzmittel im Handumdrehen immer wieder abwäscht. Sisyphos hätte seine Freude beim Spritzen gehabt. Geradezu konvenieren tut die Regnerei den Junganlagen.

 

  • Sauvignon vom Opok 2014, Maria und Sepp Muster (3/5)
  • Sauvignon vom Opok 2013, Maria und Sepp Muster (3/5)
  • Sauvignon vom Opok 2012, Maria und Sepp Muster (3/5) 
  • Sauvignon vom Opok 2011, Maria und Sepp Muster (4/6)
  • Sauvignon vom Opok 2010, Maria und Sepp Muster (4/6)
  • Sauvignon vom Opok 2009, Maria und Sepp Muster (4/6)

 

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

 

…, selbstverständlich nicht ausschließlich diese sechs Weine gibt es glasweise

 

am Mittwoch, den 29. März und am Freitag, den 31. März

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

 

Vorschau auf die Lehrveranstaltung am 5. und 7. April:

Frühlingswein if there ever was one: Jacquère

 

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

Herr Rudolf grüßt diese Woche ganz besonders die Kräuter und die abgepackten Steine!

Tannastschaltjahre. Eine kleine Vertikale Haitza, Domaine Arretxea 1996, 2004, 2008 und 2012

Aufeinander angewiesen

 

Es gibt Dinge, die kann man nicht aufhalten. Es gibt auch Dinge, die will man gar nicht aufhalten. Auf den Frühling trifft momentan beides zu, zumindest was den Rudl betrifft. Der schätzt den Winter über alle Maßen. Er schätzt es auch, dass der Winter irgendwann an die Vegetation übergibt. Geht es nach dem Rudl, dann sind Winter und Frühling aufeinander angewiesen wie seinerzeit Stan Laurel auf Oliver Hardy angewiesen war, oder Karl Valentin auf Liesl Karlstadt. Das Konzept des Aufeinanderangewiesenseins scheint heute etwas unzeitgemäß geworden zu sein. An manchen Fußballprofis kann man das beobachten. Und was David Beckham oder Christiano Ronaldo machen, das probiert manchmal auch der Frühling. Der lässt dann den Winter sozusagen einen guten Mann sein und tritt seinen Dienst bereits Mitte Dezember an. Aber das Erwachen der Vegetation macht in den Augen vom Rudl halt nur dann etwas her, wenn sie vorher einmal eine Zeit lang weg, es ordentlich kalt und dunkel gewesen ist, gerade so wie sich dem Rudl seine Lust auf einen sesselklebenden Winter, der auch im März keine Anstalten macht, sich zu verabschieden, in Grenzen halten würde. Heuer scheinen Winter und Frühling ihre Dienstanweisungen gelesen zu haben, ein Winter, der zumindest temperaturmäßig diesen Terminus verdient und damit einen Frühling, den man als solchen wahrnehmen kann, ermöglicht hat.

 

Quod erat demonstrandum, am Beispiel von Herrn Rudolfs Altesse Rebstöcken

 

Dem Rudl seine Altesse Rebstöcke treiben gerade aus. Nach einem Winter, der zur Befürchtung Anlass gegeben hat, dass die abgefroren sind, ist das noch viel schöner. Aber die scheinen ob ihrer Provenienz wirklich ziemlich frostresistent zu sein, selbst dann, wenn sie in Blumentöpfe eingesperrt auf einem Balkon am Rande der pannonischen Tiefebene überwintern.

 

Tannin

 

Gerbstofftechnisch ist der Übergang von Winter auf Frühling eine Zeit, in der die eine oder der andere von Rotwein auf Weißwein umsteigt. Das kann mit der Trinktemperatur zu tun haben, das kann mit dem gerbstoffbedingten Pelz auf der Zunge zu tun haben. Das kann aber auch mit dem Körper zu tun haben. Vielleicht hat es ganz andere Gründe.

Auf alle Fälle möchte Caviste Rudolf, bevor sich der Winter vollends über die Häuser gehaut hat und die Temperaturen auch in der Nacht nicht in den einstelligen Celsiusbereich hinunter kraxeln, noch ein bissl Gerbstoffforschung durchführen.

 

Tannat

 

Wenn es eine Rebsortifizierung von Gerbstoff gibt, ist das Tannat. Der ist nach dem Tannin benannt. Wer reinsortigen Tannat getrunken hat, zweifelt daran keinen Augenblick. Tannat aus Madiran oder Irouléguy hat man früher eine zwanzigjährige Unzugänglichkeit nachgesagt. So lange haben sich die Tannine bitten lassen, es billiger zu geben. Das war eine andere Zeit und das waren andere Weine. Heute versuchen Cabernet Franc oder oder und Cabernet Sauvignon dem Tannat das Wilde ein bissl herunter zu räumen. Auf die Idee, einen Irouléguy Primeur oder einen Tannat Junker zu keltern, wird so schnell trotzdem niemand kommen.

 

Santé!

 

Etliches von dem, was Monsieur Rudolf da gerade über Tannat zum Besten gibt, hat er vor ziemlich genau einem Jahr unter dem Titel „Rote Basken“ zusammen geschrieben. Etwa, dass Tannat als gesündester Rotwein der Welt gilt. Dass es gesünder ist, Wein aufzuheben, als Wein zu trinken, das hat der Rudl in diesem Zusammenhang auch schon angemerkt. Ihm gefällt diese Überlegung auf alle Fälle. Und manchmal fragt er sich, was ihn massiver treffen würde: Wenn ihm jemand das Weintrinken untersagt, oder wenn ihm jemand das Weinsammeln untersagt? Medizinalräte nennen freilich andere Gründe für die positiven Auswirkungen von Tannat auf die Gesundheit. Kein anderer Wein entwickelt so einen Haufen an Procyanidin wie Tannat, viermal so viel wie jeder andere Rotwein, zumindest wenn er traditionell gekeltert wird und also drei bis vier Wochen auf der Maische steht – manchmal auch ungerebelt – und dann im alten Holz ausgebaut wird. Procyanidin beugt Herz- und Kreislauferkrankungen vor und fängt Radikale.

Heute versucht man die Typicität der Rebsorte zu erhalten, aber seine Trinkreife zu beschleunigen. Den besseren Weinbauern gelingt das. Deren Weine zeichnen sich durch reife Tannine und Brombeeraromen aus.

 

Wetter

 

Die paar Hügeln vor den Pyrenäen, auf die sich die Appellation Irouléguy erstreckt, erheben sich etwa über tausend Meter. Die Westhänge dieser Hügel sind meistens sehr grün, weil der Wind die Wolken vom dreißig Kilometer entfernten Atlantik herein trägt, es diesen dann aber bald einmal zu blöd wird. Darum gibt es in Irouléguy auch in heißen Jahren kaum Trockenstress. So heiß wie auf der anderen Seite im Roussillion wird es sowieso nicht. Dafür sorgt kühler Wind vom Atlantik. Und im Herbst, wenn es dann zählt, trocknet der warme Südföhn von den höheren Bergen herunter die Trauben und schützt sie vor den Schwammerln. Nicht die widrigsten Konditionen für Wein.

 

Boden

 

Yves Hérody, Geologe aus dem Jura, bezeichnet Irouléguy als Mosaik von über vierzig unterschiedlichen Böden. Es dominiert besonders eisenhaltiger Sandstein aus dem unteren Trias, etwa 230 000 000 Jahre alt, teilweise terrassiert.

 

Schafe, Trauben und Läuse

 

Weinbau ist in Irouléguy bis ins zwölfte Jahrhundert nachweisbar. Die Mönche von Roncevaux haben damals dort Wein angebaut. Seinerzeit ist in Roncevaux auch diese blöde Geschichte mit dem Roland passiert. Das können Sie beim Phaffen Chunrat im Rolandslied nachlesen. Die Franzosen wollten später dort keinen Wein. Die Basken schon. Und Bergbewohner können ziemlich stur sein. Das ist im Baskenland nicht anders als in den Alpen. Bis ins neunzehnte Jahrhundert ist die Rebläche auf 1700 Hektar angewachsen. Um ein Haar hätte die Reblaus dann geschafft, woran die Franzosen vorher gescheitert waren, dem Weinberg von Irouléguy nämlich den Garaus gemacht. Jetzt wächst er wieder und hält bei 220 Hektar, größtenteils Terrassenlagen. Für die Appellation zugelassen wären viel mehr. Aber wo vielleicht Weingärten stehen sollten, rennen oft Schafe herum. Dass es sich selbst bei Schafen und Weintrauben nicht um eine Unvereinbarkeit handeln muss, zeigt der Weingarten von Thérèse und Michel Riouspeyrous. Dort bearbeiten und bereichern Schafe nach der Lese die Böden.

Früher sollen Bergbewohner mit robusten Kehlen das Zielpublikum der harten und säureintensiven Weine aus Irouléguy gewesen sein. Ab den Achtziger Jahren hat man dann begonnen, Reben zu selectionnieren und auf die einzelnen Terroirs abzustimmen, tendenziell mit eher fruchtigen Weinen auf Sandstein, weicheren auf Kalk und körperreicheren auf den Ton-Dolomit-Ophit-Verwitterungsböden. 1970 wurde Irouléguy der Status einer Appellation zuerkannt. Die Genossenschaft ist heute eine der renommiertesten Frankreichs und das, obwohl die Zahl der Winzer, die selber vinifizieren, Jahr für Jahr steigt. 2000 waren es fünf, heute sind es mindestens neun. Die Autoren der N° 4 von Les Feuilles du Pin á Crochet haben das vor über zehn Jahren gewusst. Sie beschreiben Irouléguy 2003 als „vignoble en pleine expansion“, „qui va sûrement progresser dans les décennies à venir“, ein aufstrebendes Weinbaugebiet, das in den kommenden Jahrzehnten von sich reden machen wird.

 

Domaine Arretxea

 

Thérèse und Michel Riouspeyrous haben etwas mit auffällig vielen Weinbauern, deren Weine Herr Rudolf verkaufen darf, gemeinsam. Ihre Vorfahren haben ein Weingut bewirtschaftet. Sie selber waren dann ein Zeitl weg. Dann sind sie wieder zurückgekommen und haben auch Wein gemacht. Zum Glück.

Riouspeyrous haben zu Beginn der Neunziger Jahre mit einem Schieferterroir begonnen, 2004 ist dann ein Weingarten auf Sandstein dazu gekommen. Und seit 2007 vinifizieren sie auch die Trauben von Pantxo Indart aus dessen biodynamisch bewirtschafteter Parzelle auf magmatischem Ophite.

Die acht Hektar von Thérèse und Michel Riouspeyrous sind südlich ausgerichtet und ziemlich steil, teilweise terrassiert.

 

Haitza 2012, Domaine Arretxea, AOS Irouléguy, Sud Ouest

 

Siebzig Percent Tannat, dreißig Cabernet Sauvignon. Ausbau teilweise in Manhartsberger Eiche von Stockinger, einem Fassbinger, auf den der Rudl in Frankreich immer wieder angesprochen wird. Vor allem zu allem, was auf dem Wasser schwimmt oder über das Wasser fliegt. Schwammerl tun weder das eine noch das andere, passen aber trotzdem ganz gut zum Haitza.

Geregnet hat es 2012 genug, vor allem im April, im Juni und im Juli. Weniger in Reindorf, da kann sich der Rudl noch gut erinnern, weil er da den Verputz in seiner angehenden Weinhandlung herunter geschlagen, in Bauschuttsäcken mit dem Auto zum Mistplatz gebracht und dann die Wände mit einem Drahtbürstel abgerieben hat, bei karibischen Temperaturen. Braucht unbedingt Luft, der Haitza.

 

Haitza 2008, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest

 

2008 war auch Süd-Westen entsetzlich nass. Man muss bis ins Einundneunziger Jahr zurückgehen, damit man ein Jahr findet, in dem sich noch weniger Weintrauben der unheiligen Schimmeldreifaltigkeit, Oïdium, Meltau und Graufäule entziehen können haben. Ungewöhnlich heiße Phasen im Frühling, Hagel und Frost komplettieren die Vorgabe von einem Jahrgang. Der Rudl kann sich trotzdem an keinen schlechten Zweitausendachter aus dem Süd-Westen erinnern. Und das können Sie, geneigte Oenologin, gewogner Oenologe, ihm gerne so oder so auslegen. Monsieur Rudolf mag den Jahrgang.

 

Haitza 2004, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest

 

Nach einigen Sommern, in denen das Wetter sehr bis ganz gewaltig von der Rolle war, dürfte es 2004 wieder halbwegs zur Besinnung gekommen sein, wobei den Weingärten der Schock des vorangegangenen Jahres noch in den Stöcken zu sitzen schien. Auch im Süd-Westen. Nur dass dort der Affenhitze ein Winter des anderen Extrems folgte. Minus sieben Grad sind in Bergerac nichts Allwinterliches. Aber ein niederschlagsreicher Winter und ein ebensolcher Frühling haben eine solide Basis für einen warmen Sommer ohne Trockenstress gelegt.

 

Haitza 1996, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest

 

Caviste Rudolf hat das eine oder andere Weinbüchl und er hat auch einen Zugang zum Internet. Auskünfte über den Weinjahrgang 1996 in Irouléguy oder wenigstens ganz allgemein im Süd-Westen Frankreichs hat er nicht geschafft aufzustellen. In Bordeaux gilt der Sechsundneunziger als exzellenter Jahrgang. Und das ist nicht so weit weg von Irouléguy.

Abgesehen vom Wein war es eines der übelsten Jahre, die der Rudl kennt. Er hat in diesem Jahr zwar seine Ausbildung formal abgeschlossen. Aber bereits die widerwillig absolvierte Teilnahme an der Sponsionszeremonie hat mehr als nur zur Befürchtung Anlass gegeben, dass der akademische Eid entweder vorsätzlich zu Unrecht affirmativ quittiert oder einfach nicht verstanden worden ist. Wenige Tage vorher war Sir Paul Gascoigne in der Golden-Goal-Nachspielzeit des EM-Semifinales England v Deutschland einen Meter vor dem leeren Tor um sicher nicht mehr als zehn Zentimenter am Ball vorbei gerutscht und in der Folge Deutschland Fußballeuropameister geworden.

 

Die folgenden vier Weine …

 

Haitza 2012, Domaine Arretxea, AOS Irouléguy, Sud Ouest (5/8)

Haitza 2008, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (6,50/10)

Haitza 2004, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (6,50/10)

Haitza 1996, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest (8/12)

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

 

, selbstverständlich nicht ausschließlich diese vier Weine gibt es glasweise

 

am Mittwoch, den 22. März und am Freitag, den 24. März

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

 

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

Herr Rudolf grüßt heuer ganz besonders den Frühling und die Knospen seiner Altesse-Reben!

Schicken Sie ein entsprechendes E-Mail, wenn Sie keine Nachrichten der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils bekommen möchten.

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Öffnungszeiten: Mittwoch und Freitag, 16 bis 22 Uhr, an Schultagen

kostenlose und CO2-minimierte Zustellung innerhalb von Wien ab einem Bestellwert von 57 Euro

Erde. Eine Weinzeitreise über dreitausend Millionen Jahre und die Kinderabteilung der städtischen Bücherei in Simmering

Organische und anorganische Tiere

Der Fils hat gerade die Dinosaurier und eine ganz andere Zeit entdeckt, eher zur Verwunderung vom Rudl. Den haben schon als Kind lebende Viecher mehr interessiert als tote, mehr als ausgestorbene sowieso. Und er hat mit Pflanzen immer mehr angefangen als mit Viechern. So ist es praktisch heute noch beim Kochen, wobei er auf ein kleines Stück Fleisch, quasi als Beilage, nicht verzichten möchte, gerade so wie der Kurtl.

Der Vater vom Rudl, der in seiner Freizeit nichts lieber getan hat, als in Steinbrüchen und auf Geröllhalden herum zu kraxeln, um dort nach Ammoniten zu suchen, hat vermutlich schon bedauert, dass sein Bub sich mehr für die lebenden Forellen im Bach als für die versteinerten Schnecken auf dem Berg begeistert hat. Und gerade so bedauert es der Rudl, dass der Fils justament lieber zuhause in seinen Saurierbüchern blättert, als mit ihm zum Heurigen zu fahren.

Nur ist ein Fils mit Charakter halt nicht dazu da, die Interessen, Passionen und Begeisterungen seines Vaters zu teilen. Das ist wahrscheinlich gut so. Darum ist der Rudl jetzt zur Auseinandersetzung mit Dinosauriern gezwungen. Ein mit an Besessenheit hoffentlich nur grenzendem Interesse für Wein ausgestatteter Mensch wie der Rudl zieht ja dann sowieso unweigerlich seine Verbindungen von den Urzeittieren zum Wein, über den Boden zum Beispiel. Vor knapp zweihundert Millionen Jahren waren die Saurier groß im Geschäft. Die Böden im Jura, aber auch die, auf denen zum Beispiel der Marestel oder der Clos la Néore von Edmond Vatan in Sancerre wächst, sind damals gerade erst entstanden. Aus heutiger Sicht haben sie sich auch viel länger gehalten als die Dinosaurier. Aber nachher ist man zugegebenermaßen immer gscheiter. Und als Boden hat man es im Vergleich zu so einem Saurier vermutlich auch einfacher. Da kann einen zwar das eine oder andere erschüttern, aber existenziell wird es nicht so schnell. Vor etwa fünfundsechzig Millionen Jahren sind die Viecherl ausgestorben. Ein Meteorit, Vulkanismus und klimatische Veränderungen haben ihnen das Leben zuerst schwer, dann unmöglich gemacht. In einem Kinderbuch aus der Städtischen Bücherei ist das in Form eines Mordstohuwabohus rund um eine lodernde Kugel und einen ausbrechenden Vulkan dargestellt. Im Vordergrund macht ein ganzes Rudl gezeichneter Dinosaurier einen alles andere als koordinierten Abgang. Irgendwie ist dieses Bild beim Rudl hängen geblieben. Die zugegebenermaßen weder ganz neue, noch besonders elementare Erkenntnis, dass nicht schon immer alles so war, wie es heute ist, wurde durch die flüchtenden Dinosaurier lebendig. Manchmal kommt dem Rudl ja schon die Welt vor der Verhängung der Handfessel mit dem Wischscreen ziemlich unreal vor, die in den Siebziger Jahren sowieso. Aber das Bild von den überdimensionierten Urzeittieren, die sich in Anbetracht massiverer Aus- und Umbrüche über die Häuser hauen und die das auf demselben Planten machen, auf dem wir heute das neueste Foto vom Kipferl beim Frühstück teilen, das hat den Rudl nachhaltig beeindruckt. Und plusminus damals hat zum Beispiel der Boden für die Weingärten in der Champagne angehoben zu entstehen. Gar nicht so leicht fassbar, wenn man vor einem Flascherl Dom Perignon sitzt.

Erde

erleben kleine Kinder zuerst einmal als Dreck, wenn sie gemaßregelt werden, weil sich Rückstände von ihr nach dem Ballspielen auf der Wiese in ihren Freizeittextilien wieder finden.

Landwirtschaftlich im Allgemeinen betrachtet ist die Erde vor allem Kompost, oenologisch im Besonderen ist der in der Erde enthaltene Anteil der aus der mineralischen Erosion resultierenden Endprodukte von vorrangigem Interesse.

Sehr, sehr, sehr uralt

Das Schilcherland gehört zum steirischen Randgebirge und ist irgendwann im Archaikum entstanden. Dreitausendachthundert bis zweitausendfünfhundert Millionen Jahre ist das jetzt her. Der Rudl fährt seit gut zwanzig Jahren immer wieder in diese Gegend. Die hat auf ihn immer etwas uriger als andere Weinbaugebiete, zumal steirische, gewirkt. Aber er würde nicht so weit gehen, das mit dem Boden in Verbindung zu bringen. Aber was weiß man. Gelegentlich hängen Dinge und Sachverhalte über etliche Ecken miteinander zusammen. Rein bodenbetrachtungstechnisch sieht man den Steinen um Lestein, wo Christine und Franz Strohmeier wohnen, nichts an. Die haben sich ganz passabel gehalten.

Trauben, Liebe und Zeit N°6 2013, Christine und Franz Strohmeier, Lestein, Weststeiermark

Chardonnay und Weißburgunder, kein zugesetzter Schwefel, dafür beträchtliche Gerbstoffe, resultierend aus Inklusion von Schalen, Kernen und Stielen während der geheimnisvollen Zeit der Gärung. Neun Monate in gebrauchten Fässern.

Gerade erleichtern scheint die Gärerei auf der Maische es nicht, den Boden, auf dem ein Wen gewachsen ist, zu identifizieren. Aber dem Rudl seiner Auffassung nach haben interessante Dinge sowieso nicht den Sinn, etwas zu erleichtern. Darum haben manche Zeitgenossen zwar einen bemerkenswerten Instinkt für den Weg des geringsten Widerstandes, aber ein interessantes Leben führen sie nicht. Davon ist Monsieur Rudolf ziemlich überzeugt.

Auch sehr, sehr, sehr uralt

Das Muscadet ist starkt vom Granit geprägt und präkambrischer Provenienz, an sich nicht die unpassabelste Basis für guten Wein. Trotzdem hat man das Prestige der Appellation in den Sand gesetzt. Aber dafür kann der feinkörnige Granit nichts. Vielleicht täte es dem einen oder anderen Weinbauverein in Österreich nicht schlecht, eine Exkursion in den Muscadet zu unternehmen. Man kann am Beispiel des Muscadets ganz gut sehen, wie man als angesehenes Weinbaugebiet seinen Ruf durch unkontrolliertes Ausreizen und permanentes Steigern der Mengen versaut.

Der Weg zurück beginnt im Hochland rund um Clisson und Gorges. Dort gibt es eine geologische Besonderheit. Gabbro, dunkles, vulkanisches Gestein. Drei, vier Crus, unter ihnen der Gorges, haben sich auf den steinigen Weg zurück zu Ansehen und Respekt gemacht haben.

Muscadet 2004, Michel Brégeon, Les Guisseaux, Gorges

89 sagenhafte Monate auf der Feinhefe in unterirdischen verfliesten Behältern. Caviste Rudolf verspürt gelegentlich körperliche Symptome, wenn er im Zusammenhang mit Wein das M-Wort hört. Aber die Muscadets von Monsieur Michel bezeichnet sogar der Herr Rudolf als „mineralisch“.

Sehr, sehr, sehr alt

Böhmische Masse klingt in österreichischen Ohren vermutlich sowieso schon alt. Vor wessen geistigem Auge steigt da nicht das Bild vom brillantingekämmten Heinz Conrads, an das Klavier gelehnt, auf? Aber die Böhmische Masse ist jetzt, sofern es nicht um Knödel oder Powidltatschkerl geht, viel älter. Im Proteiozoikum, vor etwa zweitausendfünfhundert bis fünfhundertneunzig Millionen Jahren liegt die Wurzel für die Grenze zwischen Wald- und Weinviertel und bis zu einem gewissen Grad auch die zwischen Riesling- und Veltlinerlagen in der Wachau. Eine so eine Lage heißt Achleiten. Viele sind es nicht, die dort ein paar Rebzeilen ihr Eigen nennen dürfen. Ein Engländer aus Stoke-on-Trent gehört zum erlauchten Kreis. Sein Name ist dem Rudl entfallen. Bis zum Jahrgang 2013 hat der Sohn eines Braumeisters aus den Trauben seiner Rebstöcke selber Wein gemacht. Er muss die Trauben auch in warmen Jahren ziemlich spät gelesen haben. Irgendwann, auf alle Fälle aber vor dem Herbst 2014 ist ihm klar geworden, dass er leidenschaftlich gerne biologisch seine Rebstöcke pflegt, der Arbeit im Keller aber nicht ganz so viel Begeisterung entgegen bringt. Er hat die Konsequenz gezogen und die Trauben der Dürnsteiner Winzerin Theresia Harm vom Weingut Schmidl verkauft.

Riesling Smaragd Achleiten 2014, Weingut Schmidl, Dürnstein, Wachau

Smaragd gegen den Hauptsache-breit-Trend

Sehr, sehr alt

In der Steiermark scheint es an Weingartenboden eh so ziemlich alles zu geben, was Gott und Lagerhaus („Wer is stärker?“, sagt der Fils ganz gerne) zugelassen haben. Löss vermutlich nicht, abgesehen davon fehlt nicht viel.

Das Sausal ist, was den Schieferboden betrifft, aus dem Paläozoikum. Dass Karl Schnabel in die verkalkte Burgund gefahren ist, um das Handwerk zu lernen, passt da nicht perfekt ins Bild. Wenn man ihn ein bissl kennt, aber gerade umso besser. Wer führt schon ein Rotweingut in der Steiermark? Der Rudl kennt nur Karl Schnabel.

Rotburger Kreuzegg 2013, Weingut Schnabel, Sausal, Südsteiermark

Sausaler Schieferboden, um die vierhundert Millionen Jahre.

Sehr alt

Das Jura kommt im Zusammenhang mit Wein relativ oft vor, geographisch und geologisch. In Frankreich und in Österreich auch.

Grüner Veltliner Hundsberg 2011, Leo Uibel, Ziersdorf, Weinviertel

Der Ziersdorfer Köhlberg war seinerzeit einmal eine Klippe. Aber das ist jetzt auch schon wieder an die zweihundert Millionen Jahre her. Jetzt ist der Muschelkalkunterboden bedeckt von einer Mischung aus Sand und Lehm. Vierundfünfzig Jahre alte Rebstöcke und ein Jahr im großen Holzfass auf der Feinhefe. Zeit. Zeit. Und noch einmal Zeit.

Roussette de Savoie 2013, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOP Roussette de Savoie

Chignin-Bergeron „Les Fripons“ 2015, Gilles Berlioz, Chignin, Savoie

Geröllhalden aus Mergel und Jurakalk. Mehr dazu in den Skripten zur Lehrveranstaltung der vergangenen Woche. Besondere Beachtung wird dabei dem Element Sauerstoff zukommen zu lassen sein. Die Flasche wurde am 8. März geöffnet und hat sich als halbwegs reserviert erwiesen.

Alt

Vor etwa fünfundsechzig Millionen Jahren, an der Grenze vom Mesozoikum zum Känozoikum sind die Dinosaurier ausgestorben, und es entstand der Wiener Wald. Voreilig Kausalitäten zu sehen ist sicher problematisch. Aber ob es wirklich ein reiner Zufall ist, dass die Saurier gehen, wenn der Wiener Wald kommt? Auf den Rudl haben der Westen und der Südwesten von Wien immer ein bissl morbid gewirkt. Und der lebenslustige Ostbahn heißt vermutlich auch nicht aus purem Zufall so. Geologisch gehört das Weinbaugebiet Thermenregion zum Wienerwald. Und wenn damit auch die Gegend um die SCS und die Pyramide von Vösendorf gemeint ist, dann hat der Rudl vollstes Verständnis für die Saurier.

Zierfandler 2015, Friedrich Kuczera, Gumpoldskirchen, Thermenregion

Der Bioweinpionier und frühere Obmann des Biobauernmarktes auf der Freyung ist in der wohlverdienten Rente. Und der Markt auf der Freyung ist kein Bauernmarkt mehr. Ruhig ist Friedrich Kuczera deswegen aber noch lange nicht. Zwei kleine Zierfandlerweingärten hat er behalten. Den Heurigenbetrieb 2017 um 12,5 %, von acht Tagen im Jahr auf neun Tage erweitert. Sein Zierfandler ist für den Rudl eine Rehabilitation der Rebsorte in Anbetracht der fetten und holzigen Art und Weise, auf die sie heute viel zu oft verunglimpft wird.

Jünger, aber auch noch alt

Wenn der Rudl 1 und 1 anders als der Kurtl zusammen zählt, müsste der Opok, auf dem die Weine von Maria und Sepp Muster wachsen im mittleren Tertiär entstanden sein. Damit wären sie in etwa dreißig Millionen Jahre alt.

Erde 2013, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Steirerland

Sauvignon Blanc und ein bissl Morillon, sechs bis zwölf Monate grundelt der Wein auf der Maische dahin, ein paar Traubernstiele sind auch dabei. Dann noch einmal ein Jahr plusminus zwei Monate im großen Holzfass. Wie es das geben kann, dass ein auf diese Weise vinifizierter Wein derartig präzise und sauber schmeckt, drängt dem Rudl das Wort „Mysterium“ auf. Und das verwendet er noch weniger gern als das andere M-Wort.

Schon deutlich jünger

Gegen Ende des Tertiär sind dann Süßwasserablagerungen entstanden. Das Pannon ist eine davon. Und viele Weine im Seewinkel wachsen auf diesem Pannon.

Rotburger 2013, Biohof Heideboden, Pamhagen, Neusiedlersee ohne DAC

Noch jünger, trotzdem werden sich viele nicht mehr daran erinnern

Im Quartät hat sich der Wind dann auch noch wichtig gemacht. Wenn man die klimatischen Gegebenheiten in Ostösterreich kennt, ist es ja eher verwunderlich, dass er sich bis zum Quartät zurück gehalten hat. Löss.

Grüner Veltliner Spiegel 2014, Mantlerhof, Brunn im Felde, Kremstal

Das Weingut, dem sich der Rudl am längsten verbunden fühlt, ist ziemlich sicher der Mantlerhof. Völlig zurecht.

Die folgenden Weine

  • Grüner Veltliner Spiegel, Mantlerhof, Brunn im Felde, Kremstal (4/6)
  • Rotburger 2013, Biohof Heideboden, Pamhagen, Neusiedlersee ohne DAC (2/3)
  • Erde 2013, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Steirerland (6,50/10)
  • Zierfandler 2015, Friedrich Kuczera, Gumpoldskirchen, Thermenregion (2,50/4)
  • Roussette de Savoie 2013, Domaine Dupasquier, Aimavigne, AOP Vin des Savoie (3/5)
  • Chignin-Bergeron „Les Fripons“ 2015, Gilles Berlioz, Chignin, Savoie (5/8)
  • Grüner Veltliner Hundsberg 2011, Leo Uibel, Ziersdorf, Weinviertel (4,50/7)
  • Rotburger Kreuzegg 2013, Weingut Schnabel, Sausal, Südsteiermark (4/6)
  • Riesling Smaragd Achleiten 2014, Weingut Schmidl, Dürnstein, Wachau (5/8)
  • Muscadet 2004, Michel Brégeon, Les Guisseaux, Gorges (5/8)
  • Trauben, Liebe und Zeit N°6 2013, Christine und Franz Strohmeier, Lestein, Weststeiermark (5/8)

(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

, aber nicht ausschließlich diese Weine gibt es glasweise

am Mittwoch, den 15. März und am Freitag, den 17. März

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

Herr Rudolf grüßt ganz besonders den Styracosaurus, vlg. Störakkusaurus und alle seine näheren und entfernteren Verwandten!

Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Öffnungszeiten: Mittwoch und Freitag, 16 bis 22 Uhr, an Schultagen

kostenlose und CO2-minimierte  Zustellung innerhalb von Wien ab einem Bestellwert von 57 Euro

Allez, Les Filles! Alles Gute zum internationalen Frauentag! Ein der Ausgewogenheit verpflichteter Tribut den Madln und Spitzbuben, … und dem Bräustüblfastenbier auch

Das mit den Tagen ist auch so eine Gschicht. Vielleicht braucht man bestimmte Tage, an denen etwas Bestimmtes in den Vordergrund gestellt wird. Oder ist es nur eine Augenauswischerei, wenn ich am Tag X ein besonderes Getue um X mache und mir X an den übrigen Tagen im Jahr umso wurschter ist? Der Rudl kann sich noch an das Jahr des Kindes erinnern. Das war 1979. Und er kann sich auch noch daran erinnern, dass etliche Erwachsene das ganze Jahr lang polemisiert haben, was für ein Blödsinn so ein Jahr des Kindes eigentlich sei. Für den Rudl war es damals eine große Genugtuung, das „Jahr des Kindes“. Er hat es als sein Jahr und das seiner Freunde betrachtet. Die meisten Tage kennt der Rudl gar nicht. Einige aber schon. Bei einigen tut er sich ein bissl schwerer nachzuvollziehen, warum es sie gibt, als bei anderen. Und noch schwerer tut er sich nachzuvollziehen, warum es andere Tage gar nicht gibt, zum Beispiel einen Welttag der Herzensbildung. Wobei sich da wieder die ganze Ambivalenz der Tage zeigt. Wahrscheinlich würde ein Tag der Herzensbildung im Handumdrehen von den Herzlosesten, die sich bemerkenswert oft auch als Hirnlose erweisen, gekapert. Alles schon dagewesen. Denken Sie an die Nächstenliebe! Den Welttag der Standards am 14. Oktober hat man nicht auf Betreiben vom Rudl hin eingeführt. Den Frauentag findet Herr Rudolf ganz passabel. Darum würdigt er ihn auch, zumindest so lange es nicht gleiche Marie für gleiche Leistung gibt. Ganz ehrlich muss Caviste Rudolf aber gestehen, dass er Sie an dieser Stelle und zu dieser Zeit aus anderen Gründen mit seinen Überlegungen zum internationalen Frauentag beglückt. Er möchte Ihnen einen neuen Wein in seinem Sortiment vorstellen. Der conveniert ihm außerordentlich und der heißt „Les Filles“. Wann würde der besser passen als am internationalen Frauentag?

 

Gilles Berlioz aus Chignin. Ein Winzerautodidakt wie er in keinem Buche steht

 

Es gibt Weinbauern, die ihr Weingut von ihren Eltern übernommen haben und guten Wein machen. Es gibt Weinbauern, die ihr Weingut von ihren Eltern übernommen haben und nicht so guten Wein machen. Es gibt Weinbauern, die einen anderen Beruf gelernt, dort einen Haufen Knödel gemacht, dann ihre Lebensplanung geändert haben und guten Wein machen. Es gibt Weinbauern, die einen anderen Beruf gelernt, dort einen Haufen Knödel gemacht, dann ihre Lebensplanung geändert haben und nicht so gut Wein machen. Es gibt Weinbauern, die ihren Beruf gelernt haben, obwohl ihre Familie nichts mit Weinbau zu tun gehabt hat, und guten Wein machen. Es gibt Weinbauern, die ihren Beruf gelernt haben, obwohl ihre Familie nichts mit Weinbau zu tun gehabt hat, und nicht so guten Wein machen. Und es gibt Gilles Berlioz. Als Sohn eines Hacklers hat er zuerst auf Paysagiste gelernt. 1990 haben seine Frau und er dann beschlossen, Weinbauern zu werden, mit 0,8 Hektar, als Autodidakten. In den Folgejahren haben sie die 0,8 Hektar auf sieben erweitert, um sie danach wieder um die Hälfte zu reduzieren und biologisch umzustellen. Der Schritt zur Biodynamie war dann kein ganz abwegiger. Besonders hoch im Kurs steht bei Gilles Berlioz die Intuition.

 

Chignin

 

… liegt am Südwesthang im Combe de Savoie, das ist das Tal der Isère nach Albertville hinein. Die Rebstöcke stehen auf Geröllhängen aus Jurakalk und Mergel und schauen hinunter auf den „Boulevard des Alpes“. Dort fahren im Winter die Kraxen in die Skigebiete hinauf, im Sommer auf Turin hinunter. Gilles Berlioz ist in Chignin daheim.

 

Roussanne

 

… ist auch in Chignin daheim, so daheim, dass sie in Savoyen Chignin-Bergeron genannt wird. Vom Prestige gehören diese Weine ziemlich sicher zu den renommiertesten in Savoyen, von den Preisen her auch. Ursprünglich herkommen tut Roussanne angeblich aus Tain l’Hermitage, wobei das mit den Ursprüngen dem Rudl seines Erachtens auch immer ein bissl überbewertet wird. Einerseits findet es Herr Rudolf hoch interessant, nach Ursprüngen zu fragen. Andererseits geht ihm das dogmatische oder neurotische Getue um die Wurzeln, das jede noch so dezente Kritik oder jeden Vorschlag eines Äutzerls an Veränderung zum Verrat oder zur Verletzung der Ehre aufbläst, ganz außerordentlich auf die Nerven. So oder so dürfte es die Roussanne schon ziemlich bald einmal von der Rhône nach Savoyen verschlagen haben, allerdings ausschließlich in die Gegend um Chignin.

Sehr geringe Erträge und eine prekär späte Reife dürften ein Grund für das Schrumpfen der sowieso homöopathischen Dimensionen mit Roussanne bestockter Rebfläche in Savoyen sein. Die relativ hohen Preise des Chignin-Bergeron könnten auch eine Rolle spielen. Monsieur Rudolfs Erklärung ist, dass die zweitausend Hektar kleine Weinbauregion Savoyen mit Jacquère und Altesse zwei ausgesprochen kompetente Rebsorten hat und andere Rebsorten dort nicht gerade dringend abgehen.

Die Kalkkieselböden bei Chignin scheinen es der Roussanne trotzdem angetan zu haben. Kleine, zylindrische Trauben, kurzer Stiel, kugelförmige Beeren und ein goldgelber Teint mit rostbraunen Einsprengseln. Zucker vermag sie viel einzulagern, entsprechend solide können die Alkoholwerte der aus ihr gekelterten Weine ausfallen. Haselnuss- und Weißdornaromen sind nicht ungewöhnlich. Eine lange Lagerfähigkeit angeblich auch, vermutlich aber nur, wenn die Säure passt.

 

Les Filles

 

Mouton-Rothschild der Weine von Savoyen heißen sie „Les Filles“ von Gilles Berlioz immer wieder. Viel spricht nicht für diesen Vergleich. Eines dafür umso mehr: Seit Gilles Berlioz den Wein 2007 zum ersten Mal gemacht hat, ziert ein Bild von Frauen, oft von denen, die am Weingut arbeiten, das Etikett. Jedes Jahr darf eine anderer Künstler das Thema der Madln, Damen, Frauen und Herrinnen in einem anderen Stil deklinieren, von sehr abstrakt bis photographiert, dem Rudl seinem Geschmack nach die nicht peinliche Alternative zu Testalonga und Ganevat.

 

2015

 

Fragen Sie den Rudl bitte nicht, was er meint, wenn er die Aromen in einem Wein als „präzise“ bezeichnet. Er weiß es selber nicht genau, zumindest vermag er es nicht auszudrücken. Als er vorigen Sommer die Zweitausendfünfzehner und in diesem Fall auch Zweitausendfünfzehnerinnen bei Gilles Berlioz verkostet hat, hat er diese ausgesprochen großzügig und barock, mit einer Präzision, die sich gewaschen hat.

 

2014

 

Auch in Savoyen ein prekärer Jahrgang.

 

2013

 

Da ist der Rudl befangen. Aber das ist wurscht. Mehr über den Weinjahrgang 2013 steht im Newsletter der vergangenen Woche.

 

2010

 

Auf einen kalten, niederschlagsreichen Winter folgt ein sonniger, aber nicht besonders trockener Frühling. Der Sommer erweist sich hinsichtlich heißem und kühlem Wetter als um Ausgewogenheit bemüht, caniculairer Juli, reifebremsender August. Soweit kennt man den Jahrgang 2010 auch in Österreich. Im September ist das Wetter in Frankreich dann aber abgebogen. Während es in manchen Gegenden Österreichs viel geregnet hat, war es fast in ganz Frankreich sonnig. In Savoyen darüber hinaus auch recht frisch in der Nacht. Nicht die allerungünstigsten Voraussetzungen für einen formidablen Jahrgang, in besonderem Maß bei spätreifenden Rebsorten.

 

2008

 

… hat die allerlängste Zeit keinen Anlass zur Sorge bereitet, bis es dann Ende August und Anfang September ungewöhnlich nass geworden ist. Für so manche Jacquère ist sich das dann mit der Reife nicht mehr ausgegangen. Altesse, Chignin-Bergeron und vor allem die Roten haben sich wieder erfangen.

 

2015, Les Fripons

 

Und weil sich Monsieur Rudolf, vergleichbar mit dem Sommer 2010, um Ausgewogenheit bemüht, kredenzt er zum internationalen Frauentag auch Gille Berlioz‘ komplementären Chignin-Bergeron. Les Fripons, tonisch wie  Chinin, aus Chignin, wenn Sie dem Rudl diesen Kalauer gestatten.

 

Die folgenden Weine von Gilles Berlioz:

 

  • Chignin-Bergeron „Les Filles“ 2015, Gilles Berlioz, Chignin, AOP Vin de Savoie (5/8)
  • Chignin-Bergeron „Les Filles“ 2014, Gilles Berlioz, Chignin, AOP Vin de Savoie (6/9)
  • Chignin-Bergeron „Les Filles“ 2013, Gilles Berlioz, Chignin, AOP Vin de Savoie (6/9)
  • Chignin-Bergeron „Les Filles“ 2010, Gilles Berlioz, Chignin, AOC Vin de Savoie (6,50/10)
  • Chignin-Bergeron „Les Filles“ 2008, Gilles Berlioz, Chignin, AOC Vin de Savoie (6,50/10)
  • Chignin-Bergeron „Les Fripons“ 2015, Gilles Berlioz, Chignin, AOP Vin de Savoie (5/8)(in Klammern die Preise für das Sechzehntel und das Achtel)

     

    …, aber nicht ausschließlich diese Weine gibt es glasweise

     

    am Mittwoch, den 8. März und am Freitag, den 10. März

    jeweils von 16 bis 22 Uhr

    in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

     

    Auch das Fastenbier vom Bräustübl in Salzburg Mülln wird ab sofort wieder ausgeschenkt.

    Im Übrigen ist Rudolf Polifka der Meinung, dass man den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz zu einem europäischen Feiertag erklären sollte!

     

    Vorschau auf die Lehrveranstaltungen vom 8. und 10. März:

    ziemlich sicher etwas Geologisches

     

    Herr Rudolf kann dieses Mal gar nicht anders, als wie seinerzeit Professor Conrads zu grüßen. Und er tut das hiermit auch!

     

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Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22, 1150 Wien

Öffnungszeiten: Mittwoch und Freitag, 16 bis 22 Uhr, an Schultagen

kostenlose und CO2-minimierte  Zustellung innerhalb von Wien ab einem Bestellwert von 57 Euro