31. Oktober bis 8. November geschlossen

Die Schulkinder haben jetzt Herbstferien, die meisten zumindest. Offizielle Ferien sind das nicht. Das hat mit der Schulautonomie zu tun. Schulautonomie ist so etwas wie der Süßstoff im Kinderhustensaft. Damit die Lehrerinnen und Lehrer es leichter schlucken, dass jedes Jahr noch ein bissl mehr Unterrichtstätigkeit durch bürokratistische Dokumentations- und Besprechungsaktivitäten ersetzt wird, hat man die Schulautonomie verordnet.

Herr Rudolf ist nicht autonom. Darum sind die Herbstferien in seiner Weinhandlung offizielle. Sie dauern bis 8. November. Am 9. November um 16 Uhr sperrt Caviste Rudolf wieder auf. Aller Voraussicht nach wird es dann biologische Weißweine aus Irouléguy offen geben.

 

Herr Rudolf wünscht eine formidable Zeitumstellung!

Grüne Veltliner aus der Südoststeiermark, dem Burgenland und aus Oregon

Nationale Identitäten

Die Frage, worauf sie besonders stolz seien, beantworten viele Österreicherinnen und Österreicher mit der schönen Landschaft. Monsieur Rudl mutmaßt, dass damit meistens irgendein Alpenpanorama gemeint ist. Der Hackelsberg in Jois oder der Rochusberg in Mannersdorf auf alle Fälle nicht. Der Königsberg bei Klöch und der Schlossberg in Leutschach vermutlich auch nicht. Je weiter im Osten, desto stolzer auf die Felsen und Schifahrer im Westen. Ganz verstanden hat der Rudl das nie, scheint doch zumindest vorläufig kaum etwas von den Bewohnern eines Landes weniger leicht beeinflussbar zu sein als das Landschaftsrelief. Hoffentlich bedeutet das nicht auch etwas.

Was es mit den Begriffen „Stolz“ und „Ehre“ auf sich hat, ist seinerzeit schon dem Kind Rudolf ein Rätsel gewesen. Das ist es auch geblieben. In den Ohren vom Rudl klingen beide Begriffe heute noch nach einem Mangel an Selbstironie.

Nationale Identitäten und Rebsorten

Gibt es für die kollektive Identität bedeutsame Landschaftsformen, dann gibt es dafür vielleicht auch Rebsorten, zumal man ja davon ausgehen mag, dass mehr Österreicherinnen und Österreicher Wein trinken als auf Berge gehen. Damit sind wir beim Grünen Veltliner.

Wenn sich die Rotweinlobby noch so auf den Kopf stellt, der Grüne Veltliner ist und bleibt ziemlich sicher auch die verbreitetste Rebsorte in Österreich. Außerhalb der Landesgrenzen gilt er regelrecht als österreichische Nationalrebe. In Anbetracht des unglücklichen Namens seiner Entsprechung unter den Rotweinen sollte das auch so bleiben, findet der Rudl.

Ampelographie

Die Erträge des Grünen Veltliners sind eher hoch. Mag sein, dass dieser Umstand seiner Popularität nicht im Weg gestanden ist. Löss mag der Grüne Veltliner. Zu viel Kalk ist nicht seines.

Weltweit sind gut achtzehntausend Hektar mit Grünem Veltliner bestockt, ein Drittel davon steht im Weinviertel.

Weinstilistisch ist das Bouquet oft intensiv. Tabaknoten im Grünen Veltliner kann der Rudl sehr oft nachvollziehen, das Pfefferl nicht immer, vor allem dann nicht, wenn der Wein mit irgendeiner Aromahefe einen Sauvignon Blanc imitiert. Wirklich gelungene Veltliner sind oft lagerfähiger, als viele glauben. Der erste DAC Österreichs ist ein Grüner Veltliner gewesen. Exportmäßig mag das ein Erfolg gewesen sein. Geschmacklich zählt Monsieur Rudolf die Districtos Austriae Controllatos nicht zu den Sternstunden des österreichischen Weinbaus.

Unter vielen Grünen Veltlinern, die Caviste Rudolf außerordentlich schätzt, ist der Steinleithn vom Geyerhof in Oberfucha seit fast zwanzig Jahren sein deklarierter Favorit, vor allem in gereiftem Zustand.

Identitäten II

Dem ehemaligen Außenminister und späteren Bundeskanzler Leopold Figl, respektive dessen Vorräten an Grünem Veltliner soll der österreichische Staatsvertrag zumindest auch zu verdanken sein. Ursprünglich war ein Kriegsschuldeingeständnis und eine glaubwürdige Absage an Totalitarismus, Populismus und die Nazidumpfpackelei gefordert worden. Dazu war man damals offensichtlich nicht in der Lage. Karrieren wie jene von Friedrich Zweigelt, Heinrich Gross oder Karl Springenschmid bezeugen das traurig und eindrucksvoll.

Herkunft

Man bringt Grünen Veltliner vor allem mit Niederösterreich und Wien in Verbindung bringt. Völlig zurecht. Darum öffnet der Rudl zwei Tage nach dem Nationalfeiertag drei Grüne Veltliner:

Grüner Veltiner Purbach 2014, Uwe Schiefer, Purbach, Burgenland

Blaufränkische von Uwe Schiefer kennen viele. Seine Orangeweine manche. Die Weine von seinen Weingärten in Purbach sind auch ein bissl bekannt.

Grüner Veltliner Linea 2012, Ploder-Rosenberg, Sankt Peter am Ottersbach, Südoststeiermark

Ja, es gibt Grünen Veltliner in der Steiermark. Laut Wikipedia keinen Hektar in der Weststeiermark, einen in der Südsteiermark und zwei im Südosten. Aber außer dem von Ploder-Rosenberg hat der Rudl noch keinen in der Flasche gesehen. Jetzt will der heraus, aus seiner Flasche. Heublumenwiese wird erwartet. Wurzelfleisch mit Krensauce würden den Wein gerne mit ihren ausgebreiteten Armen oder halt Fasern auffangen. Nur müssten Sie sich das mitbringen, weil der Rudl ja im Geschäft nicht kocht.

Grüner Veltliner Revelation & Sorek Bloc 2014, Reustle Prayer Rock Vineyard, Oregon, USA

Weißer Pfeffer, Linsen, Anis, Orangenblüten, Geißblatt, Kamille, grüner Apfel, frische Kräuterwürze und Litschi bringt der Grüne Veltliner mit. Ob er auch Niveau in den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf zu bringen vermag, steht nicht in der Beschreibung. Schaden könnte er dort ziemlich sicher auch keinen anrichten.

So oder so verdankt es der Rudl seinen Schwagern, dass er in der Lage ist, einen aufzumachen. Cheers!

Am Nationalfeiertag bleibt die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils geschlossen, gerade so wie in der Woche vom 31. Oktober bis zum 6. November.

Aber am Freitag, den 28. Oktober, gibt es glasweise die folgenden drei Grünen Veltliner, freilich nicht ausschließlich diese drei Weine:

  • Grüner Veltiner Purbach 2014, Uwe Schiefer, Purbach, Burgenland (2,50/4)
  • Grüner Veltliner Linea 2012, Ploder-Rosenberg, Sankt Peter am Ottersbach, Südoststeiermark (4,50/7)
  • Grüner Veltliner Revelation & Sorek Bloc, Reustle Prayer Rock Vineyard (6/9)

Freitag, den 28. Oktober

von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Herr Rudolf wünscht einen plaisanten Nationalfeiertag und sich den 27. Jänner, den Tag der Befreiung der Menschen im Vernichtungslager Auschwitz, als gesamteuropäischen Feiertag. Das erschiene ihm heute aus Gründen der europäischen Identität wichtiger denn je.

Tour de France 2017. Ein Vorgeschmack von Pommard bis Gaillac

Seit heute Mittag ist der Etappenplan offiziell. Start bei den Hosen, Belgien, Luxemburg, Burgund, Jura, Savoyen, Pyrenäen, Südwestalpen, Marseille, Paris

7. Juli: 7. Etappe Troyes – Nuits-Saint-Georges

  • Héritage de mes Ancêtres Rouge 2015, Les Vignes de Paradis (Dominique Lucas), Pommard, Vin de France

Damit wird auch ein neuer Wein im Sortiment vom Rudl offiziell präsentiert. Dominique Lucas bewirtschaftet sechs Hektar am Genfer See und zwei Hektar mit sehr altem Rebbestand aus Familienbesitz in Pommard. Der Zweitausendfünfzehner wird jetzt für ein Zeitl der letzte verfügbare Jahrgang sein. Heuer hat der Spätfrost im April in Pommard für einen Totalausfall gesorgt.

8. Juli: 8. Etappe Dole – Les Rousses

  • Savagnin Bio 2011, La Cave de la Reine Jeanne, AOC Arbois, Jura

Oxydativer Wein aus einem der Lieblingsweinorte vom Rudl

9. Juli: 9. Etappe Nantua – Chambéry

  • Marestel 2010, Domaine Dupasquier, Jongieux, AOC Roussette des Savoie

Nicht erst einmal hat sich der Rudl beim Hinauffahren zum Dent du Chat, respektive zum Tunnel durch den Dent du Chat gedacht, dass das eine kolossale Straße für die Tour de France sein müsste. Die steilen Weingärten werden die Radlfahrer nicht bewundern können. Vielleicht können sie am Abend in Chambéry wenigstens ein Glasl Marestel, dem vermutlich ersten Wein, der nach einem Oberkellner benannt ist, trinken. Wenn sie an einem passablen Tisch tafeln, vielleicht sogar von einem Jahrgang, bei dem die Trüffelnoten schon zu schmecken sind.

13. Juli: 12. Etappe Pau – Peyragudes

  • Jurançon Marie Kattalin 2010, Domaine de Souch, AOC Jurançon, Sud Ouest

Das menschenfreundliche Gesicht des Föhns. Süßwein mit Frische und Ausblick auf die Pyrenäen

15. Juli: 14. Etappe Blagnac – Rodez

  • Ondenc 2011, Bernard et Robert Plageoles, AOC Gaillac, Sud Ouest

Kräftiger Wein vom Rebsortenbewahrer und Biopionier vor den Toren von Toulouse

Die folgenden fünf Weine …

Ondenc 2011, Bernard et Robert Plageoles, AOC Gaillac, Sud Ouest (4,50/7)

Jurançon Marie Kattalin 2010, Domaine de Souch, AOC Jurançon, Sud Ouest (8,50/-)

Marestel 2010, Domaine Dupasquier, Jongieux, AOC Roussette des Savoie (4/6)

Savagnin Bio 2011, La Cave de la Reine Jeanne, AOC Arbois, Jura (4/6)

Héritage de mes Ancêtres Rouge 2015, Les Vignes de Paradis (Dominique Lucas), Pommard, Vin de France (6/9)

, aber nicht ausschließlich diese gibt es glasweise

am Mittwoch, den 19. und am Freitag, den 21. Oktober

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Allez, les Cyclistes!

Kulturwein & Änderung der Öffnungszeiten. Mittwoch statt Donnerstag

Herr Rudolf freut sich, in Zukunft die Pforten seiner Weinhandlung am Mittwoch und am Freitag öffnen zu dürfen. Das hat viele Gründe.

Ab sofort ist die Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils am Mittwoch und am Freitag, jeweils von 16 bis 22 Uhr geöffnet. Am Donnerstag bleibt sie zu. Alle, die an diesem ersten Mittwoch das Türl zum Rudl seinem Kaufgeschäft transzendieren, bekommen das erste Achtel oder Süßweinsechzehntel, ohne etwas dafür brennen zu müssen, kredenzt.

Kulturweine. Eine Begriffseinführung ohne viele (neuerliche) Erklärungen

Die Frage „Naturwein oder Kulturwein?“ ist keine Frage. Den Begriff „Naturwein“ lehnt der Rudl ab, auch in anderen Sprachen. Er mag Weine, die Kultur und Natur sind. Mehr ist im Newsletter der vergangenen Woche mit dem Titel „Naturwein. Versuch, keiner Annäherung an einen Begriff“ abgehandelt. Wenn ein Naturwein auch ein Kulturwein ist, dann ist der Rudl dabei. Naturimitate mögen zwar auch kulturell bedingt sein. Herr Rudolf verzichtet darauf aber genauso wie auf Natur, die sich selbst überlassen geblieben ist. Davon hat ja der alte Noah schon ein Lied gesungen, zuerst in die Natur interveniert, damit nicht alle ersaufen und nach dem Sauwetter ziemlich sicher nicht aus purem Zufall gerade eine Weinrebe gepflanzt. Dass er in weiterer Folge seiner eigenen Kreszenz in einem Ausmaß zugesprochen und sich vor seinen Söhnen zum Affen gemacht hat, war dann wieder mehr Natur und eine überzeugendere Warnung vor hirnlosem Hinunterschütten als jeder diesbezügliche Aufdruck am Rücketikett einer Flasche.

  • Zierfandler 2015, Friedrich Kuczera, Gumpoldskirchen, Thermenregion

Betritt man den Hof des Weingutes Kuczera, dann ist eh sofort klar, dass Kultur, Kunst und Geist hier nicht Aufputz und Verkaufsförderung, sondern Haltung sind. Und der Zierfandler von Friedrich Kuczera ist dann samt Etikett die Vinifizierung dieses Unterschiedes. Acht Tage im Jahr ist ausg’steckt. Zum Beispiel dieses Wochenende vom 13. bis 16. Oktober. Den nächsten kompetenten Karst-Teller bekommen Sie gut vierhundert Kilometer weiter südlich.

  • Neuburger Hommage 2015, Mantlerhof, Gedersdorf, Kremstal

Ohne hohes Maß an Kultiviertheit rodet man Neuburger-Weingärten wahrscheinlich. Wer Sepp Mantler kennt, für die, respektive den ist auch dieser eine Satz überflüssig.

  • Rosa 2015, Josef Umathum, Frauenkirchen, Neusiedlersee

Auch „Saignée oder gepresst?“ ist für den Rudl keine Frage. Zumindest keine geschmacklich relevante. Rosa ist auf alle Fälle Saftabzug vom Sankt Laurent vom Stein, vom Kirschgarten und vom Hallebühel. Dass Josef Umathum die Kunst des Weinmachens beherrscht, dürfte sich herumgetrunken haben. Dass Josef Umathum Verantwortung für die Welt jenseits von Keller und Weingarten wahrnimmt, ist auch ein Aspekt von Kultur.

  • Argile Blanc 2015, Domaine des Ardoisières, IGP Vin des Allobroges

Brice Omonts Zugeständnis an die Ungeduld. „Au verre-Première“ des 2015ers beim Rudl.

  • Haitza 2012, Domaine Arretxea, AOC Irouléguy, Sud Ouest

rotes Gegenstück zum weißen Lieblingswein

  • Pinot Noir 2014, Herrenhof Lamprecht, Oststeiermark

Guten Wein zu machen hält der Rudl sowieso für eine Kunst. Wo nicht so viele guten Weine herkommen, guten Wein zu machen, entsprechend hohe Kunst. Das hat Gottfried Lamprecht mit Leo Uibel gemeinsam. Von Letzterem wird jetzt dann sowieso einmal ausführlicher die Schreibe sein.

  • Gräfin 2012, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Südsteiermark

Oranger Kulturwein. Der Rudl vertritt ja die Meinung, dass ein gepflegter Orangewein selten und ein Kunstwerk ist. Der zum Beispiel.

  • Blaufränkisch Weinberg 2013, Alfred und Helga Weber, Eisenberg, Südburgenland

Old School Blaufränkisch aus dem großen Holzfass. Wein, der die letzten Schulreformen unbeschadet überstanden hat. Klassisch.

  • Trockenbeerenauslese „Schrammel“ 2012, Josef Lentsch, Dankbarkeit

Ka Idee“, wie man so einen guten Süßwein machen kann. Der „57er Chevy“ unter den Trockenbeerenauslesen. „Wia im Kino“! (alles © Trainer)

Diese Weine, aber nicht ausschließlich diese Weine gibt es diese Woche glasweise:

  • Zierfandler 2015, Friedrich Kuczera, Gumpoldskirchen, Thermenregion (2,50/4)
  • Neuburger Hommage 2015, Mantlerhof, Gedersdorf, Kremstal (2,50/4)
  • Argile Blanc 2015, Domaine des Ardoisières, IGP Vin des Allobroges (4,50/7)
  • Rosa 2015, Josef Umathum, Frauenkirchen, Neusiedlersee (2,50/4)
  • Pinot Noir 2014, Herrenhof Lamprecht, Oststeiermark (4/6)
  • Blaufränkisch Weinberg 2013, Alfred und Helga Weber, Eisenberg, Südburgenland (3/5)
  • Gräfin 2012, Maria und Sepp Muster, Schlossberg, Südsteiermark (5/8)
  • Trockenbeerenauslese „Schrammel“ 2012, Josef Lentsch, Dankbarkeit (8/-)

am Mittwoch, den 12. Oktober und am Freitag, den 14. Oktober

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Nachrichten aus dem Flaschensortiment

Ab sofort sind Pinot Noir 2014, Buchertberg Weiß 2014, Furmint 2015 und Weißburgunder 2015 vom Herrenhof Lamprecht verfügbar.

Herr Rudolf grüßt Kunst, Kultur, Küche und Keller!

Naturwein. Versuch, keiner Annäherung an einen Begriff

Wo?

Bei der diesjährigen VieVinum hat es eine Naturweinbar gegeben. Betrieben wurde diese von einer großen Weinhandelskette. Man wird das als Indiz dafür ansehen können, dass Naturwein im Weinestablishment angekommen ist.

Was?

Wenn man jetzt noch sagen könnte, was das ist, „Naturwein“, … Den Rudl dürfen Sie auf alle Fälle nicht fragen. Das hindert ihn nicht daran, schriftliche Überlegungen über das Wesen von Naturwein anzustellen. Der Rudl will es auf der relativ gut frequentierten Seite www.vinsnaturels.fr genau wissen. Diese Seite ist für Monsieur Rudolf naheliegend. Sein Kaufgeschäft ist dort angeführt, gleich zweimal. Unter den „Cavistes“ und unter „Bar à vin“. Weil er sich in Savoyen besonders gut auszukennen meint, schaut er sich die savoyardischen Winzer genauer an. Jacques Maillet, Giachino, Dominique Belluard, Château de Merande, Dupasquier und Jean-Yves Peron sind dort als Produzenten verzeichnet. Das sind sechs von insgesamt sieben auf www.vinsnaturels.fr verzeichneten savoyardischen Weinbauern. Caviste Rudolf hat sie alle im Sortiment, was für eine Weinhandlung mit Bioweinschwerpunkt aber auch wieder nicht so überrascht. Von den österreichischen Winzern aus dem Sortiment vom Rudl hat es Karl Schnabel auf www.vinsnaturels.fr geschafft. Bemerkenswerter erscheint dem Naturudl das Fehlen mancher Winzer auf dieser Seite. Brice Omonts Domaine des Ardoisières, Sepp Muster, Josef Umathum, die Domaine Arretxea oder Vincent Dauvissat sucht man auf www.vinsnaturels.fr umsonst.

Warum, noch viel mehr jedoch warum nicht?

Eine Auswahl ist sowieso subjektiv. Intersubjektiv mehr oder weniger nachvollziehbare Kriterien vermutet der Rudl aber schon. Allein er findet sie nicht. Ginge es um die Biointensität, dann würde man wohl mehr biodynamisch arbeitende Weinbauern vermuten. Ginge es um den Chronos im Allgemeinen, dann fehlerten zu viele Biopioniere. Ginge es um Zeit auf der Maische, dann hätte zum Beispiel Jacques Maillet dort nichts verloren. Und ginge es um Zertifizierungen, dann dürften Dupasquier und Jean-Yves Peron nicht genannt sein.

Eine Menschheitsfrage: Natur oder Kultur

Ziemlich sicher hat die Sache mit den Naturweinen auch mit der Frage, ob der Mensch jetzt eher ein Kulturwesen ist oder doch mehr zum Naturwesen neigt, zu tun. Eine Kulturpflanze wie die Vitis vinifera liefert schon ein paar Gründe, Ersteres als zumindest teilweise zutreffend anzunehmen, auch wenn es gerade in der Naturweinszene Winzer gibt, die so tun, als mache sich Naturwein quasi von selbst. Der Rudl hält das im besten Fall für charmantes Understatement, im nicht so guten Fall für Blödsinn. Wo es wirklich so praktiziert wird, schmeckt es auch so.

Wurzeln

Herkunftsbedingt hat Herr Rudolf viel Zeit in der Natur verbracht, auch mangels Alternativen. Aber der Rudl hat dort auch schnell bemerkt, dass etliche besonders demonstrative NaturburschInnen zum Beispiel nicht den Schlagrahm von der Milch der eigenen Kühe abschöpfen, sondern die industrielle „Sahne“ in Freilassing kaufen. Beim Bier schaut die Sache nicht viel anders aus. Und was in musikalischer Hinsicht für „hoamatlich“ gegolten hat, das kann man sich heute noch auf Regionalradiosendern oder auf der Wiener Wiesn.

Musik, Wein und ein Politoid. Eine Assoziationskette

Gibt es unter Naturweinen gar so etwas wie ein „Gabalier-Syndrom“. Mit anderen Worten: Rudolf Polifka hat sich schon in den Achtziger Jahren geweigert, einen Goiserer, der im Jägerleinen-Sakko durch Schickimicki-Lokale und Dorfdiscos gezogen ist und Kärntner-Dialekt imitiert hat, für einen Naturburschen zu halten. Wenn heute ein Wiener so einen Kasperl nachäfft, dann ist das in den Augen vom Rudl ein Fall für eine Kleinkunstbühne oder für ein philosophisches Proseminar über das Höhlengleichnis von Platon.

Bei der Musik ist es nicht anders. Wenn sich ein gewiefter Jusstudent wahlweise als „Bergbauernbua“ oder „Rocker“ bezeichnet, ist die Frage nach den Motiven schon zulässig. Und vielleicht ist es auch beim einen oder anderen „Naturwein“ angebracht nachzufragen. Eine Flasche aus überdickem Glas, Siegellack über dem Naturkork und flüchtige Säure machen einen Wein nicht per se natürlich. Oft genug ist Vordergründigkeit in einem Wein auf Reinzuchthefen zurückzuführen. Aber ganz ausschließen möchte es der Rudl nicht, dass Azetonnoten, Oxidation oder Rancio in manchen Weinen Naturtümlichkeit vermitteln sollen. Brauchen tut das der Rudl nicht um jeden Preis.

Andererseits. Eine Antithese

Nur weil es Nachäffer gibt, darf man sich seine Leidenschaften nicht madig machen lassen.

Keine Schlussfolgerung

Eine definitive Bedeutung hat der Terminus „Naturwein“ nicht, an einer Zertifizierung wird angeblich gearbeitete. Viel Spaß. Warum biologischer Wein, biodynamischer Wein oder Wein aus biologisch angebauten Trauben nicht genügt, wissen vielleicht Menschen, die sich über Marketing Gedanken gemacht habe. Als Qualitätsgarantie wird man das Etikett „Naturwein“ auf alle Fälle nicht betrachten können, meint der Rudl. Aus Gesundheitsgarantie auch nicht. Angst braucht man vor Naturweinen aber auch keine zu haben.

Kultur. Doch so etwas wie zumindest eine Synthese

Im Zweifelsfall tendiert Herr Rudolf auf alle Fälle eher zum Bild vom Menschen als Kulturwesen, vor allem wenn man den Begriff als Imperativ versteht. Das umfasst Lernfähigkeit und –willigkeit, Höflichkeit, Herzensbildung, Kunst, absichtslose Zivilcourage, die Bereitschaft zur argumentierenden Auseinandersetzung, zivilisierte Zähmung von Rivalitäten und Begehrlichkeiten, vielleicht sogar Religion. Alles andere riecht ihm zu stark nach biologistischem Menschen- und Gesellschaftsbild, nach Verhaltensforschung, Boulevardmedien, Sozialdarwinismus und NLP-gesteuerte Appelle an Instinke. Aber das ist keine ganz andere Geschichte.

Kulturwein

Der Rudl regt hiermit an, den Begriff „Kulturwein“ in die Weinsprache einzuführen. Meinen tut er damit Weine, die auf höchstes handwerkliches, intellektuelles, soziales und ökologisches Niveau der Winzerin, respektive des Winzers zurückzuführen sind, von Sepp Musters „Erde“, der Trockenbeerenauslese „Schrammel“ von Josef Lentsch über Michel Riouspeyrous „Hégoxuri“ bis Umathums „Lindenblättrigem“. Dazu mehr dann am 13. und 14. Oktober.

Diese Woche aber die folgenden – laut www.vinsnaturels.fr – Naturweine, aber nicht ausschließlich diese glasweise beim Rudl

  • Marestel 2010, Domaine Dupasquier, Aimavigne, Savoie (4/6)
  • Primitif 2011, David et Frédéric Giachino, Chapareillan, Savoie (2/4)
  • Le P’tit Canon 2013, Jacques Maillet (4/6)
  • Le Feu 2012, Dominique Belluard, Ayze, Savoie (6/9)
  • Zweigelt Kreuzegg 2013, Karl Schnabel, Sausal, Südsteiermark (4/6)
  • Mondeuse La Belle Romaine 2015, Château de Merande, Arbin, Savoie (4/6) – Dieser Wein ist hiermit neu im Sortiment der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils. Biodynamische, rebsortencharakteristische Mondeuse, traditionelle Vinifizierung ganzer und halb gerebelter Trauben. Zehn bis zwölf Monate im Fass.

Keiner davon ist übrigens ein Orangewine. Und das Bierexperiment gibt es auch noch einmal

am Donnerstag, den 6. Oktober und am Freitag, den 7. Oktober

jeweils von 16 bis 22 Uhr

in der Weinhandlung Rudolf Polifka et Fils, Reindorfgasse 22

Nachrichten aus dem Flaschensortiment

Ab sofort sind Schiste 2014 und Argile blanc 2015 von der Domaine des Ardoisières verfügbar. Und auch die Jiddische Hühnerleberpastete von der Dankbarkeit gibt es wieder.

Der Rudl grüßt vielleicht naturgemäß, kulturgemäß ganz sicher.